Autor:
Adalbert Stifter (1805-1868)

Entstehungszeit:
1843


Textsorte:
Erzählung (ist der umfassende Begriff für epische Kurzformen). Der Begriff wird gebraucht, wenn von verschiedenen Kurzformen gleichzeitig die Rede ist oder wenn keiner der übrigen Begriffe (Novelle, Märchen) anwendbar ist.

Literarische Richtung:
Biedermeier und Vormärz – Literatur zwischen 1815 und 1848 speziell die erzählende Dichtung. Mit dem Begriff Biedermeier assoziiert man den Rückzug in die unpolitische, konservative Privatheit, den Weg in die Idylle und die Abwendung von allen gesellschaftspolitischen Zeitfragen.

Sprachliche u. stilistische Merkmale:
Der Autor ist der Ich-Erzähler, ein guter Freund des Majors, ein Betrachter der Situation. Die Natur wird genau beschrieben.

Biografie:
Adalbert Stifter wird 1805 in Oberplan im Böhmerwald geboren. Er besucht das Stiftsgymnasium der Benediktiner in Kremsmünster (Oberösterreich). Ab 1826 studiert er an der Wiener Universität. Er ist Hauslehrer bei verschiedenen adeligen Familien um seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Ab 1840 werden seine Werke in steter Folge veröffentlicht, finden aber zu seinen Lebzeiten wenig Beachtung. Heute gilt er als großer Epiker des Biedermeier in Österreich. Von 1850 an arbeitet Stifter als Inspektor für die Volksschulen in Oberösterreich, für deren Verbesserung er sich lebhaft einsetzt. Unheilbar an Leberkrebs erkrankt, wird Stifter 1865 als Hofrat in den Ruhestand geschickt. Er stirbt 1868 in Linz.

Weitere berühmte Werke Stifters sind:

  • Bunte Steine
  • Der Hagestolz
  • Der Condor
  • Der Nachsommer
Personen:
Der Major:
Der Major ist ein nachdenklicher Mensch, der mehr vom Leben will als die "normale" Gesellschaft. Er erkennt in den Menschen das Wahre, was wirklich zählt, er sieht, was sich hinter einer Fassade befindet. Deshalb wählt er auch Brigitta zu seiner Frau, und nicht eine der unzähligen schönen Mädchen, die ihn umwerben und doch eine wie die andere ist. Doch auch er ist nicht fehlerlos und verfällt dem süßen Schein, als er Gabriele trifft. Seine vielen Reisen haben ihn gebildet und erfahren gemacht.

Birgitta:
Brigitta erscheint am Anfang ziemlich stark und kräftig, doch auch gefühllos und kaltherzig. Erst mit der Zeit zeigt sie ihr wahres Ich. Vor anderen verbirgt sie die Gefühle. Sie weint und lacht nicht in Gesellschaft, still sitzt sie in ihrer Ecke, anscheinend angewidert von der vorherrschenden Oberflächlichkeit, von der ihre Mitmenschen sind.

Der Erzähler:
Der Erzähler selbst ist dem Major ziemlich ähnlich. Er scheint anfangs unter ihm zu stehen, da er bewundernd zu ihm aufblickt. Auch er hat die Fähigkeit, hinter die Fassade zu blicken, wenngleich auch nicht so gut wie der Major. Er lässt sich bezaubern von der großen Einfachheit und Ehrlichkeit, die Land und Leute des Majors ausstrahlen.

Gustav:
Gustav ist wie das Land, auf dem er lebt. Einfach und ehrlich und von atemberaubender Schönheit.

Inhalt:
Der Autor erzählt in der Ichform von seinen vielen Reisen und Erlebnissen, bei denen er auch den "Major" kennen gelernt hat. Aus einer Bekanntschaft entwickelte sich eine Freundschaft, und nach einigen Jahren schickt ihm der Major einen Brief, in dem er ihn einlädt, zu ihm nach Ungarn zu kommen, da er sich nun endlich niedergelassen hat.

 
Dort bekommt er einen Einblick in das Leben des Majors, und langsam beginnt er zu verstehen, was den Major festgehalten hat, warum er plötzlich sesshaft geworden ist. Früher war der Major ein vielgereister Mann, überall bewundert und geliebt wegen seiner außergewöhnlichen Schönheit und seines wunderbaren Charakters, einer Seele, die das "Glühendste und Dichterischste" ist.
Langsam beginnt sich auch das Geheimnis um Brigitta zu lösen. Anfänglich nur ein Bild auf dem Tisch im Gästezimmer, erfährt er bald mehr über diese Frau.
 
In ihrer Kindheit war sie verschlossen und stets unbeachtet gewesen. Sie entwickelte sich mehr zum Manne als zu einer schönen und beliebten Frau. Als nun einst der schöne Stephan Murai in den Heimatort Brigittas kam, auf der Suche nach einem Weib, wurde er von den hübschesten Frauen umworben, doch zog ihn eine seltsame, fast unheimliche Macht nach Brigitta. So kam es, dass die beiden bald verheiratet waren. Sie zogen auf ein Landgut, bekamen einen Sohn. Nach einiger Zeit machte Stephan in einem Wald die "Bekanntschaft" der hübschen Gabriele. Obwohl nichts zwischen den beiden passierte, wurde die Begegnung doch zum Wendepunkt seiner Ehe.
Brigitta verlangte die Scheidung, und bald darauf war Brigitta allein auf dem Landgut, Maroshely, mit ihrem Sohn Gustav.
 
Bald schon stellte sich heraus, dass der Major selber dieser Stephan Murai ist. Doch sollte zwischen Brigitta und ihm die Freundschaft, und nur die, sein. Doch bald darauf "tat das ungefragte Schicksal von selber eine Antwort". Der Ich-Erzähler und der Major waren auf der Jagd, als sie Schüsse hörten, die eindeutig aus den Pistolen des Majors stammten, die er Gustav einst geschenkt hatte. Schnell ritten sie dorthin und sahen Gustav, eingekreist von einem Rudel Wölfe. Der Major sprang helfend ein, später brachen Knechte und Arbeiter zur Wolfsjagd auf. Der verletzte Gustav wurde von einem Arzt versorgt. Nun fiel dem Erzähler wohl die große Traurigkeit des Majors auf, und als er ihn nach derselben fragte, antwortete er: Ich habe kein Kind. Brigitta, die diese Worte vernommen hatte, sprach nur: Stephan. Sie fielen sich in die Arme und versprachen sich, sich nie wieder zu trennen. Happy End.

Was unterscheidet diese Erzählung deiner Meinung nach von einer herkömmlichen Liebesgeschichte?
Der ungewöhnliche Verlauf der Liebe ist wohl ein eindeutiges Unterscheidungsmerkmal zu einer "herkömmlichen" Liebesgeschichte, wobei in den Raum gestellt sei, ob Liebe wirklich eine "herkömmliche" Geschichte schreiben kann, da wir wahrscheinlich alle wissen, dass Liebe immer wieder die ungewöhnlichsten und seltsamsten Wege geht und zahlreiche Überraschungen bereithält.

Wie lässt sich die Erzählung inhaltlich gliedern?
Als Einleitung bekommt man eine wunderbare und ausführliche Landschafts-beschreibung serviert, die meiner Meinung nach auf die melancholische Stimmung des Autors hinweisen soll.

Im Hauptteil wird man mit dem eigentlichen Inhalt konfrontiert. Man sieht das Leben des Majors und erfährt dann, wer die mysteriöse Brigitte ist und einiges über ihr Leben. Endlich erfährt man auch, dass der Major der ominöse Stephan ist. Man wartet gespannt: Kriegen sie sich oder kriegen sie sich nicht?

Als Höhepunkt gibt’s den Zwischenfall mit Gustav. Die Angst um den gemeinsamen Sohn lässt die alte Liebe endgültig neu entflammen

…zum Schluss haben wir unser Liebespaar, der Sohn hat seinen Vater wieder und der Erzähler ist um eine beeindruckende Erfahrung reicher.

Beschreibe die Position des Erzählers und das Ausmaß der Verwicklung in die Handlung.
Meiner Meinung nach ist der Erzähler bloßer Betrachter der Situation, ein "Mitwisser". Er leistet eigentlich keinen direkten Beitrag zur Handlung. Mit einem Satz schreibt Stifter selbst, wer die Handlung nun eigentlich vorantreibt: "Darauf tat das ungefragte Schicksal von selber eine Antwort, die alles schnell und auf unerwartete Art löste." – das Schicksal.

Welche Wirkung erzielt Stifter deiner Meinung nach mit dieser Erzähltechnik?
Man bekommt einen Einblick in die Geschehnisse, ohne direkt "beteiligt" zu sein, da der Erzähler als Freund des Majors wie gesagt eher eine Betrachterfigur darstellt. Wenn man sich aber mit dem Erzähler identifiziert, ist man sehr nah am Geschehen, und man beginnt mitzufühlen, da man ja praktisch ein Teil einer großen und ungewöhnlichen Familie ist. Der Erzähler wird nämlich zum engen Vertrauten und in die Familie aufgenommen.

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