Der Autor:
Conrad Ferdinand Meyer lebte von 1825 bis 1898. Er war ein Züricher Patriziersohn. Er verlor seinen Vater früh und litt sehr unter dem Schwermut der Mutter. Von sich selbst sagte er: “Ich lebte nicht, ich lag im Traum erstarrt.” Das gilt für seine ganze Jugend.
1852 mußte er in die Nervenheilanstalt. Erst nach dem Tod seiner Mutter, 1856, befreiten ihn Reisen nach Rom, München und Paris von seiner Schwermut. Unter dem Eindruck des Krieges 1870/71 und seiner Sympathie für das Deutschland Bismarcks entschied er sich für die deutsche Sprache, nachdem er sich vorher durch Übersetzungen französischer Geschichtswerke über Wasser gehalten hatte. Dank seiner Schwester und seiner Frau, die ihn psychisch aufrichteten, waren ihm 20 fruchtbare Schaffensjahre vergönnt. Trotz alledem starb er an geistiger Umnachtung 1898.
Seine Werke sind die lyrisch – epische Dichtung “Huttens letzte Tage” und weiters historische Erzählungen wie “Der Heilige”(Thomas Becket), Gustav Adolfs Page”(30 jähriger Krieg) und “Die Hochzeit des Mönchs”(um Dante).
Der Inhalt:
Die Novelle “Der Schuß von der Kanzel” spielt am Zürichsee. Der junge Pfarrkandidat Pfannenstiel will den General Wertmüller aufsuchen, der Pfannenstiel behilflich sein soll, die schöne Rahel, die das Patenkind des Generals und die Tochter des Pfarrers von Mythikon ist, dazu zu bringen, ihn zum Mann zu nehmen. Obwohl Rosenstock, der Freund Pfannenstiels, ihm davon abrät, den General um einen Gefallen zu bitten, da dieser bekannt für seine Derbheit und seine Spottlust ist, macht sich Pfannenstiel auf den Weg zum General.
In der Villa Wertmüllers sieht er, daß Krachhalder, der Kirchenälteste, vom General einen Wald als Spende für die Kirche erbittet. Dieser lehnt die Bitte jedoch ab. Als Krachhalder enttäuscht gegangen ist, erklärt Pfannenstiel dem General, daß er in die Tochter des Pfarrers von Mythikon namens Rahel verliebt sei und daß Wertmüller ihm helfen solle, sie zur Frau zu gewinnen. Pfannenstiel erklärt ihm auch, daß er seine Hilfe unbedingt brauche, da der Pfarrer, ein bekannter Waffennarr, Pfannenstiel wegen seiner schlechten Schießkünste verachte und ihn deshalb nicht zum Schwiegersohn haben wolle. General Wertmüller verspricht Pfannenstiel, sich um diese Angelegenheit zu kümmern.
Wertmüller kommt darauf, daß Rahel Pfannenstiel liebt, aber nur dann eine Ehe mit ihm eingehen will, wenn ihr Vater es zuläßt. Sie bittet ihn, ihren Vater zu überreden. Wertmüller stimmt zu, bricht aber gleichzeitig in ein Gelächter aus, was einen Schabernack erwarten läßt.
Am nächsten Tag, es ist ein Sonntag, geht Wertmüller in die Kirche, um Rahels Vater zu treffen. Er trägt zwei gleiche Pistolen mit sich, eine schwergängige und eine leichtgängige. Im Pfarrgarten gibt Wertmüller dem waffenvernarrten Pfarrer die schwergängige Waffe. Dieser will sie gleich ausprobieren, schafft es aber nicht, den Abzug zu drücken. Wertmüller nimmt sie wieder an sich und sagt, er würde sie reparieren, sodaß sie leichtgängiger werde. Der Pfarrer traut ihm aber nicht, und will die Pistole wieder haben. Wertmüller vertauscht die beiden Pistolen, ohne daß der Pfarrer es bemerkt, und gibt ihm die leichtgängige.
Dann hält der Pfarrer seine Predigt auf der Kanzel, und spielt währenddessen heimlich mit der Pistole. Als er jedoch am Abzug ankommt, löst sich ein Schuß – die Pfarrgemeinde ist erschüttert.
Nach der Predigt kommt Krachhalder in das Pfarrhaus, wo sich bereits der Pfarrer und Pfannenstiel aufhalten und beschwert sich über den unangenehmen Vorfall. Diesen Zeitpunkt nützt der General: er verspricht Krachhalder den Wald als Spende für die Kirche, wenn er dafür Stillschweigen über diesen Vorfall bewahre. Von seinem Vetter, dem Pfarrer, fordert er, daß er Pfannenstiel zum neuen Pfarrer von Mythikon mache und seine Tochter Rahel demselben zur Frau gäbe; wohl oder übel muß dieser zustimmen.
Die Charakterisierung:
Pfannenstiel: Er ist wagemutig, aber andererseits in gewissen Situationen sehr vorsichtig.
General Wertmüller: Er hat einen derben Humor. Er liebt es, andere Menschen lächerlich zu machen und zu verspotten.
Pfarrer von Mythikon: Er hat eine Schwäche für Waffen. Er beurteilt Menschen nach ihren Schießkünsten.
Die schöne Rahel: Hat großen Respekt vor ihrem Vater. Stellt ihre Wünsche denen ihres Vaters nach.
Krachhalder: Er lebt streng nach den Regeln der Kirche.
Die Interpretation
Diese Novelle ist das heitere Nachspiel zu seinem historischen Roman “Jürg Jenatsch”, in der er die Geschichte eines Graubündner Predigers und Feldhauptmannes erzählt. General Wertmüller ist die Gegenfigur zu Jenatsch.
Man sagt C. F. Mayer einen besonders bildnerischen Sprachstil mit Neigung zu bühnenhaft wirkenden Szenen nach. Dies kommt aber in dieser Novelle weniger zum Ausdruck als sein komödiantisches Talent. Er verwendet in diesem Stück auch kaum stilistische Mittel.
Erzählzeit und erzählte Zeit decken sich nur sehr selten. Meistens dauert die erzählte Zeit länger als die Erzählzeit. Es erzählt ein personeller Erzähler.
Die Themenkreise sind:
1) die Liebe zwischen Rahel und Pfannenstiel,
2) die Ehrfurcht der Tochter Rahel zu ihrem Vater
3) die Spottlust des General Wertmüllers.
Persönlicher Eindruck:
Mir hat diese Novelle sehr gut gefallen, da Meyer eine leicht verständliche Sprache hat und besonders die Figur des Wertmüllers etwas Komisches in das Werk einfließen ließ.