1. Einleitung
„Und ich sah einen Engel vom Himmel herabfahren, der hatte den
Schlüssel zum Abgrund und eine große Kette in seiner Hand. Und er
ergriff den Drachen, die alte Schlange, das ist der Satan, und fesselte
ihn für tausend Jahre.“
– Die Offenbarung des Johannes, Kap. 20, 1-2 –
In den christlichen Ländern hat die Schlange einen schlechten Ruf. Im alten Testament steht sie als Unheilbringerin (1. Buch Moses). Bei afrikanischen Naturvölkern als Gottheit und im altägyptischen und griechischen Glauben als heilige Begleiterin von Göttern. In den asiatischen Ländern wird sie wegen ihrer Weisheit und ihrem Scharfsinn geehrt und geachtet. Aber warum ist die Schlange bei uns so verhasst? Warum fürchten sich so viele Menschen vor gerade dieser Art von Reptilien? Wegen ihrer geräuschlosen Fortbewegungsart? Wegen ihrem furchteinflößendem Aussehen? Oder sind das jahrelang mitgeschleppte Vorurteile und willkürliche Vergleiche mit ihren hochgiftigen Verwandten aus anderen Ländern?
2.Allgemeines:
Die Schlange zählt zur Familie der Reptilien (reptilia) und wird weiters zur Unterordnung der Schuppen-
kriechtiere (Squamata) geordnet. Derzeit sind rund 2500 Arten, mit einer Grösse von 15cm – 10m bekannt. Ihr
Körper ist immer langgestreckt und dünn. Ihre Extremitäten sind fast immer vollständig zurückgebildet.
Sie sind nur mehr bei einigen wenigen Arten als Rudimente des hinteren Paars erhalten. Das Brustbein
und der Schultergürtel fehlen jedoch immer. Ferner fehlen ihr die Harnblase, die linke Lunge, und die aukenhöhle (Ohr). Das Trommelfell ist auch nicht vorhanden. Schlangen sind daher taub und können
lediglich „Substratschall“ (Bodenerschütterungen) wahrnehmen. Auch die Sehtüchtigkeit des Auges ist sehr
gering. Dafür ist der Tast- und Geruchssinn bzw. der Geschmackssinn besonders gut ausgebildet: Die
Schlange nimmt Mithilfe ihrer Zunge Geruchsstoffe auf und überträgt diese zum „Jacobson-Organ“ (züngeln).
Einige Arten können mit Hilfe einer Sinnesgrube in der Nähe der Augen Temperaturänderungen erfassen und somit auch bei Nacht auf Beutejagd gehen.
Alle Schlangen sind wechselwarm. Die Schlange ist am ganzen Körper mit einer trockenen Haut
mit hornigen Schuppen und Schildern bedeckt welche sie bei der Häutung komplett abstreift. Schlangen kommen in den unterschiedlichsten Farben, Formen und Größen auf der ganzen Welt vor. Der Lebensraum befindet sich auf Bäumen, im Wasser, im Gebirge, in Wüsten und in Tropenwäldern. Die einzelnen Arten haben sich während ihrer Evolutionsgeschichte hervorragend ihrer jeweiligen Umgebung angepasst. Bei uns in Österreich kommen nur Ottern oder Nattern vor. Man teilt Schlangen grob in Gift- oder Würgeschlange ein.
3. Die Otter (viperidae)
Die Otter zählt zu den Giftschlangen (Gruppe: Rohrzähner). Sie hat einen kurzen Schwanz und wird zw. 30 cm bis 1.8m lang. Die Art umfasst rund 60 Arten die in Afrika und wärmeren Regionen Eurasiens, von wo aus ihr Verbreitungsgebiet nach Norden und in höhere Gebierge ausstrahlt, heimisch ist. Die Viper kennzeichnet sich durch bestimmte Drohreaktionen (S‑förmig angehobener Hals, lautes Zischen und schnelles Vorstoßen des Kopfes) und typisches Beuteerwerbsverhalten. Der Kopf ist breit, dreieckig und deutlich vom Hals abgesetzt. Die Pupille ist meist senkrecht elliptisch. Das männliche Tier hat ein gegabeltes Begattungsorgan (Hemipenis). Mit Ausnahme weniger primitiver, eierlegender Arten ist die Mehrzahl der Vipern lebendgebärend (ovovivipar). In Österreich gibt es als Vertretung der Otter die Kreuzotter (vipera berus) und die Aspisviper (vipera aspis). Die bekannteste und am häufigsten vorkommende heimische Schlange ist jedoch die Kreuzotter.
3.1. Die Kreuzotter (vipera berus)
Die Kreuzotter wird selten länger als 70 bis 80 cm. Sie ist leicht an Ihrem Zick-Zack Muster auf dem Rücken zu
erkennen. Dieses Zick-Zack Muster gilt auch als Erkennungszeichen anderer europäischer Giftschlangen.
Eine Ausnahme ist die ungiftige Schlingnatter, die leicht wegen ihrer dunklen, streifen- und fleckenförmigen
Rückenzeichnung mit der Kreuzotter verwechselt wird. Die Farbe der Kreuzotter reicht von rot über silbrig, grau,
graublau, olivgrün, gelblich, braun bis hin zu schwarz. Sie kommt in Nord-, Süd- und Osteuropa bis etwas über den Polarkreis hinaus, Polen Tschechien, Slowakei, nördl. Russland bis zur Insel Sachalin. In Österreich findet man sie vorwiegend in der Alpenregion.
Der Lebensraum der Kreuzotter sind kühle Lebensräume mit hoher Luftfeuchtigkeit wie Moore, Bergwiesen um die Baumgrenze, Waldränder, Waldlichtungen, Heideflächen, Feldränder, Bahndämme, Steinbrüche, Uferbereiche von Teichen, Seen und Flüssen, im Gebirge bis 3000 m. Die Kreuzotter ist tagaktiv. Die Kreuzotter ist sehr scheu. Im Fall einer Bedrohung warnt und droht sie mit heftigem Zischen und Abwehrbissen, beißt aber selten wirklich zu. Ihr Gift besteht aus einem Enzymgemisch und aus hemmorganischen Faktoren. Ihr Biss ist sehr schmerzhaft und hinterlässt zwei 1 bis 1,5 cm auseinanderliegenden Stichstellen. Durch die Zerstörung der natürlichen Lebensräume ist die Kreuzotter sehr stark bedroht und steht wie alle anderen einheimischen Schlangen unter Tierschutz. Die Fortpflanzung erfolgt im Spätherbst die 5 bis 18
Junge mit sich bringt. Zur Nahrung zählen hauptsächlich Mäuse, Eidechsen und Frösche die durch den Giftbiss umgebracht werden.
4. Die Natter (colubridae)
Die Natter ist mit mehreren Hundert Arten weltweit, die artenreichste Familie. Der Körper ist meist schlank und langschwänzig. Die Schlange insgesamt kann von 0.3m bis 3.7m lang werden. Sie ist in fast allen Biotopen weltweit heimisch. Die meisten Nattern sind ungiftig aber es gibt auch eine giftige, deren Gift für den Menschen jedoch fast völlig ungefährlich ist. Der Kopf der Schlange ist deutlich vom Hals abgesetzt. Das Maul ist sehr weit dehnbar wobei der
Schädelknochen meist beweglich ist. Der Unterkiefer ist stark bezahnt. Die Augen sind mäßig groß bis groß und runder oder senkrecht-ovaler Pupille, abhängig von der Familie.
Man unterscheidet elf Unterfamilien. Die bei uns heimische und bekannteste Natter, die Ringelnatter zählt zu den Wassernattern (natricinae).
4.1. Die Ringelnatter (natrix natrix)
Die Ringelnatter ist Vertreter der Würgeschlangen. Die Ringelnatter kommt fast in ganz Europa vor (außer Irland,
Schottland, Nordnorwegen und Westschweden), Nordafrika und Westasien. Die Ringelnatter wird je nach Geschlecht 1 bis 1,5 m lang. Sie ist sehr leicht an dem gelben Halbmond am Hinterkopf zu erkennen. Ihr Kopf ist braun bis schwarz, die Kehle weiß. Ihr Kopf ist braun bis schwarz, die Kehle weiß. Sie lebt in Feuchtgebieten, an Flüssen und Teichen
-und wurde auch schon in Städten gesehen. Auch Schrebergärten, Gartenteiche und Komposthaufen zählen mittlerweile zu Ihrem Lebensraum. Mit Vorliebe hält sie sich aber in Kraut- und Pflanzendickichten auf. Die leicht nach oben gerichteten Augen mit Ihren runden Pupillen ermöglichen es der Ringelnatter fast ganz unter Wasser zu gehen und trotzdem die Umgebung zu beobachten. Wassernattern besitzen hinter der Lunge einen Luftsack.
In dem können sie vor dem Tauchgang Luft speichern und dementsprechend lang unter Wasser bleiben. Nach dem Winterschlaf, der etwa von Oktober bis Anfang April dauert, paaren sich die Ringelnattern. Im Juni oder Juli legen die Weibchen in Pferdemist, Kompost, Grasschnitt etc. (Gärungswärme !) etwa 7 – 55 Eier ab, meist zwischen 20 und 40 Eier. Ringelnattern flüchten normalerweise schon bei Annäherung (ab ca. 8 m) in ein Mauseloch oder unter Steine. Nur wenn man die Schlangen überrascht, kann es vorkommen, das sie ein aggressives Verhalten zeigen und laut zischen. Es kommt auch vor, dass sich die Schlange tot stellt um den Angreifer abzuwehren. Sie winden den vorderen Teil ihres Körpers und die eigene Achse, reißen ihr Maul weit auf und lassen ihre Zunge seitlich heraushängen. Diese Stellung kann sie längere Zeit einhalten. Bei Gefangennahme kann die Ringelnatter aus ihrer Analdrüse ( Kloake )eine unangenehm stinkende Flüssigkeit absondern, die zu Abschreckung von Feinden dient. Kaulquappen, Molche, Frösche, Kröten und Fisch, selten auch Kleinsäuger gehören zum Beutespektrum der Ringelnatter. Auch die Ringelnatter steht auf der Liste der starkgefährdeten Tiere und steht somit unter Artenschutz.
5. Der Körperbau
5.1. Die Haut und die Häutung
Im Gegensatz zur weitläufigen Meinung ist die Haut der Schlange nicht feucht und glitschig, sondern sie fühlt sich vielmehr trocken und samtig an. Die schuppige Haut soll die Schlangen vor der Austrocknung bewahren. Die obere Schicht der Haut enthält keratinhaltige Zellen, die bei jeder Häutung abgestoßen werden. Die zweite Schicht ist eine dichte, flexible Hornschicht. Dann folgt eine Zwischenschicht und eine tiefer liegende Basalschicht. In der Lederhaut
befinden sich neben Nerven und Blutadern auch Pigmentzellen, die der Schlange ihre Farbe geben. In der Unterhaut kann die Schlange Fettreserven lagern, die sich überwiegend im Schwanz befinden. Schlangen besitzen in ihrer Haut keine Poren und Schweißdrüsen, verhindern aber zu große Aufheizung durch angepasste Verhaltensweisen. Wächst die Schlange, dann
wächst die Haut wie bei allen Reptilien nicht mit. Sie muss sich also von Zeit zu Zeit häuten. Dieser Vorgang wird von einem chemischen Prozess eingeleitet. Es sammelt sich eine trübe Flüssigkeit zwischen der neuen und der alten Haut, die dann Haut und Augen milchig trüb aussehen lässt. Dieser Vorgang der 1 – 2 Wochen dauern kann zeigt sein Ende, indem die Haut wieder klar wird. Nach 2 – 5 Tagen wird die Schlange dann die alte Haut am Maul angefangen wie eine Socke abstreifen. Die Hornhaut der Augen und der Geschlechtsorgane werden mit abgehäutet. Während dieser Zeit können die kurzsichtigen Tiere noch schlechter sehen und reagieren sehr aggressiv auf jegliche Bewegungen in ihrer Nähe.
5.2. Das Skelett
Durch das Fehlen der Extremitäten beschränkt sich der Skelettaufbau der Schlangen auf Schädel, Wirbel und
Rippen. Nur bei einigen primitiven Arten wie den Riesenschlangen findet man Reste vom Becken und Oberschenkel.
5.2.1. Das Knochengerüst des Körpers
Die Fortsätze der Wirbel lassen keine vertikale Bewegung und Verdrehung zu. Die Anzahl der Wirbel ist von Art zu Art unterschiedlich. Bei den Vipern sind es ca. 100, bei den Nattern um 300 und über 400 bei den Pythons. Bei den Klapperschlangen tragen die letzten Wirbel die Rassel. Schlangen haben kein Brustbein. Alle Rippen sind frei beweglich, weshalb der Brustkorb stark dehnbar ist. Dadurch sind Schlangen in der Lage grosse Beutestücke zu verschlucken. Das geht aber nur weil ihr Schädel, im Gegensatz zu anderen Reptilien, mit dem Oberkiefer nur lose verbunden ist und die Kieferäste des Unterkiefers nicht miteinander verwachsen sind.
5.2.2. Der Schädel
Eine Besonderheit des Schlangenschädels sind die fehlenden Schläfenknochen. Eine weitere Besonderheit ist, das der Unterkiefer im Verhältnis zum restlichen Schädel extrem beweglich ist. Diese Besonderheit nennt man Schädelkinematik. Der Schädel selbst ist sehr starr. Er fängt die Kräfte auf, die beim Packen großer Beutetiere auf die Schädelbasis ausgeübt werden. Der Oberkieferknochen, auf dem die Zähne sitzen ist im Gegensatz zum Unterkiefer nicht mit dem Quadratbein verbunden. Das Quadratbein kann sich bis in die waagerechte drehen und ermöglicht so einen extrem großen Mundöffnungswinkel. Das erklärt dann auch, warum Schlangen Beutetiere verschlingen können, die größer sind als der Durchmesser ihres Kopfes.
5.2.3. Das Gebiss
Bei allen Schlangen befinden sich am Unterkiefer einer und am Oberkiefer zwei Zahnbögen. Eine äussere Reihe die das Beutetier festhält und eine innere die das Beutetier in Richtung Speiseröhre transportiert.
Die Zähne der Schlange sind lange, spitze, nach hinten gebogene Fangzähne, wodurch die Beutetiere, die stets als ganzes verschlungen und nie zerstückelt werden, nicht mehr entkommen können. Anders als bei Säugetieren haben die Zähne keine Wurzeln und können teilweise bewegt werden. Wie auch bei anderen Reptilien kann die Schlange ihre Zähne mehrmals in ihrem Leben wechseln. Dies ist erforderlich, sobald die Zähne abgenutzt sind. Bei den Schlangen unterscheidet man 4 Zahntypen: Glattzähner, Furchenzähner, Vorderfurchenzähner, Röhrenzähner:
Die Glattzähner haben keine Giftzähne und meistens auch keine Giftdrüsen. Einige sondern einen unterschiedlich giftigen Speichel ab. Zu ihnen gehören colubridae und zahlreiche Nattern, vor allem der Gattungen Coluber und Elaphe.
Bei den Furchenzähnern befindet sich im hinteren Bereich des Oberkiefers ein längerer Zahn auf jeder Kieferseite. Er besitzt einen Giftkanal und eignet sich nicht für einen Giftbiss. Bei den Trugnattern ist dieser Zahntyp häufig vorhanden.
Bei den Furchenzähnern befindet sich im hinteren Bereich des Oberkiefers ein längerer Zahn auf jeder Kieferseite. Er besitzt einen Giftkanal und eignet sich nicht für einen Giftbiss. Bei den Trugnattern ist dieser Zahntyp häufig vorhanden.
Ø Schlangen, bei denen die vordersten Zähne von Giftzähnen gebildet werden, zählen zu den Vorderfurchenzähnern. Diese Rinnen können teilweise geschlossen sein, aber niemals ganz. Einige Kobraarten können damit Gift über eine erstaunliche Distanz spucken. Bekannte Vorderfurchenzähner sind alle Mambas.
Ø Die Röhrenzähner haben das am höchsten entwickelte Einspritzsystem. Die Giftzähne sind sehr lang und gleichen einer Injektionsnadel. Beim Öffnen des Mauls klappen die Zähne nach vorn. Dadurch sind die Röhrenzähner in der Lage ihr Gift tief ins Gewebe ihrer Beute einzuspritzen. Alle Vipern verfügen über so ein Gebiss.
5.3. Die Muskulatur
Die Muskulatur ist durch die fehlenden Gliedmaßen fast aus einem Stück. Hals, Rumpf und Schwanz sind kaum voneinander abgesetzt. Für die Bewegung der Schlange sorgt die stark entwickelte Hautmuskulatur.
5.4. Das Nervensystem (Gehirn und Rückenmark)
Bei Untersuchungen fällt zuerst die Größe der Gehirns auf. Es ist größer als bei Amphibien, kann jedoch mit der Größe des Hirns von Vögeln oder Säugetieren nicht mithalten. Das Kleinhirn liegt direkt hinter dem Großhirn und ist für den Gleichgewichtssinn und die Bewegungskoordination zuständig.
Das im Wirbelkanal liegende Rückenmark ist bedingt durch die Körperlänge der Schlange sehr lang. Es kann die bis zu 100 Fache Länge des Hirns erreichen. Ein Großteil der Reflexe geht
Das im Wirbelkanal liegende Rückenmark ist bedingt durch die Körperlänge der Schlange sehr lang. Es kann die bis zu 100 Fache Länge des Hirns erreichen. Ein Großteil der Reflexe geht
vom Rückenmark aus. Dadurch kann es eine ganze Reihe von Bewegungsabläufen selbst
ausführen und genießt deshalb eine gewisse Autonomie gegenüber dem Gehirn. So kann eine geköpfte Schlage weiterhin sehr komplexe Bewegungsabläufe durchführen, wie z.B. den Angriff auf eine Beute.
5.5. Die Sinnesorgane
5.5.1 Das Gehör
Schlangen besitzen, so wie die meisten Amphibien kein Außenohr und ihr Mittelohr ist stark verkümmert. Das
Innenohr unterscheidet sich aber kaum von dem anderer Wirbeltiere. Die halbkreisförmigen Bogengänge regeln den Gleichgewichtssinn. Die Schnecke dient dem Hörvorgang. Forschungen, die beweisen sollen, wie eine
Schlange ohne Außen- und Mittelohr hören soll brachten nur sehr unzureichende Ergebnisse und bleiben deshalb ungeklärt.
5.5.2. Der Geruchssinn
Die Basis der Geruchswahrnehmung ist ein Riechorgan, mit dem die Wand der Nasenhöhle ausgekleidet ist. Wie gut eine Schlange riechen kann ist sehr schwierig zu bestimmen, da meist andere Sinneswahrnehmungen wie visuelle oder nasovomerale Eindrücke parallel verarbeitet werden.
5.5.3. Der nasovomerale Sinn
Das Organ ist nach dem dänischen Chirurgen und Anatomen L. L. Jacobson (*1783, = 1843)
benannt. Das Jacobson-Organ ist ein spezialisiertes Geruchssinnesorgan das vor allem für die
Aufnahme von Geruchsreizen über die Mundhöhle dient. Zum Irrtum aller wurde der nasovomerale Sinn oft in Verbindung mit dem Geruchssinn genannt, unterscheidet sich aber davon durch die Art des Stimulus und die Art
des Nervenzentrums. Dieser Sinn bestimmt viele Verhaltensweisen der Schlange, deren Bedeutung man erst jetzt zu begreifen beginnt. Die zweigeteilte Zunge nimmt flüchtige Moleküle auf und führt sie zu dem sogenannten Jacobson-Organ. Dieses Organ liegt in der Nasenhöhle und öffnet sich mit 2 Ausführungsgängen zur Mundhöhle hin. Darunter liegt dann die zweigespaltene Zunge. Die Sinneszellen dieses Organs reagieren dann auf Kontakt mit den Molekülen durch Reize und senden diese zum Hirn. Dieser Sinn hilft Schlangen ganz besonders bei der Ortung und Verfolgung von Beutetieren. Auch erleichtert es den Kontakt zu Tieren der gleichen Rasse. Bei der Partnersuche spielt dieses Organ eine ganz besondere Rolle. Es konnten bei Männchen Sexualhormone festgestellt werden, die auf die mit ihrem Sinn verbundene Gehirnstruktur einwirken.
5.5.4. Das Sehvermögen
Trotz der geringen Sehtüchtigkeit des Auges und der Wichtigkeit des nasovomeralen Sinnes ist der Sehsinn nicht Wegzudenken . Ausnahmen gibt es bei den Wühlarten, bei denen der Sehsinn fast ganz verkümmert ist. Tagaktive
Schlangen, wie z.B. die Ringelnatter, können Farben erkennen. Sie hat eine runde Pupille, wohin gegen die
meisten nachtaktiven Schlangen senkrecht stehende Sehschlitze besitzen. Schlangen verfügen über ein sehr
breites Sehfeld von fast 140º. Die Überdeckung der beiden Augen beträgt 45º. Diese Überdeckung ist wichtig für das
„binokulare Sehen“ Das Schlangenauge ist in der Lage, scharf auf Entfernungen einzustellen.
5.5.5. Der Temperatursinn (Grubenorgan)
Die crotalinae und die pythonine sind in der Lage, die von einer Wärmequelle abgegebene Infrarotstrahlung wahrzunehmen. Diese Besonderheit findet bei der Ortung und Verfolgung von Beutetieren besondere Anwendung. Bereits leichte Temperaturschwankungen von 0,003º C reichen aus, um ein Signal an das Hirn weiter zu geben. Das Grubenorgan befindet sich zwischen Augen und Nase. Die Temperaturveränderung wird mit Hilfe von freien Nervenendung wahrgenommen.
5.6. Der Giftapparat
Der Giftapparat liegt in einem drüsenartigen, von einer starken Bindegewebehülle umgebenen Zellengewebe in beiden Seiten des Hinterkopfes. Öffnet die Schlange das Maul zum Biss, so richten sich die in Ruhe eingeklappten, stark gekrümmten, spitzen und mit einer feinen Röhre versehenen Giftzähne (siehe 5.2.3.) auf
Zugleich üben die sehnigen Jochbänder und die Schläfenmuskeln einen Druck auf die Giftdrüsen aus, durch die das Gift durch die Zähne getrieben wird. Das Gift kann tief in das Gewebe des Beutetiers oder des Angreifers gespritzt werden. Schlangengifte bestehen aus einem komplexen Proteingemisch. Es handelt sich dabei um Toxine (Gifte), die für die tödliche Wirkung verantwortlich sind, um Substanzen, die teilweise erhebliche biologische Auswirkungen haben aber nicht tödlich sind und um Enzyme, die eine wichtige Rolle bei der Verdauung der Beute spielen. Einige Enzyme des Schlangengiftes werden mittlerweile als nützliche Medikamente verwendet.
5.7. Das Herz und Kreislauf des Blutes
Der Blutkreislauf unterscheidet sich mit Ausnahme der Länge kaum von dem anderer Reptilien. Schlangen haben nur eine Herzkammer. Im Körper ist das Herz relativ weit hinten angeordnet. Es ist in seiner Form länglich und asymmetrisch. Der rechte Vorhof ist größer als der linke und die Wand der Herzkammer ist links dicker als rechts. Die Herzfrequenz liegt je nach Art zwischen 20 und 70 Schlägen pro Minute. Die meisten Schlangenarten verfügen nur über eine Hauptschlagader. Dafür besitzen sie mehrere Eingeweideschlagadern, wie z.B. die Lymphgefäße die den Darm mit nährstoffreichem Blut versorgen und das Gewebe entschlacken. Da der Körper der Schlange sehr langgestreckt ist, sind im Kloakenbereich Lymphherzen unerlässlich. Bei Riesenschlangen, wie z.B. der Python, werden diese bis zu 2 Meter lang.
6. Ernährung
Die Schlange ist bis auf eine Ausnahme, auf die jetzt nicht weiter eingegangen wird, ein Raubtier. Abhängig von der Grösse, Anpassung, Lebensraum und Art kommen hauptsächlich Vögel, Eier, Insekten, Fische und verschiedene Raubtiere in Frage. Das Beutetier wird erdrosselt oder mit einem Giftbiss getötet. Dann wird es im Ganzen verschlungen. Ist das Beutetier zu groß, kann die Schlange ihren Unterkiefer aushängen. Der Verdauungsvorgang dauert dann je nach Art und Größe des Beutetiers 3 – 14 Tage. Bei diesem Vorgang verbraucht die Schlange dann sehr
viel Energie. Nach dem Fressen ziehen die Schlangen sich dann an einen Ruheplatz zurück, um die aufgenommene Nahrung in aller Ruhe verdauen zu können. Wird die Schlange während der Nahrungsaufnahme gestört oder angegriffen, würgt sie ihre Nahrung wieder aus um schneller und wehrhaft zu sein. Nach dem Verdauungsvorgang wird dann der Kot abgesetzt. Durch die sehr aggressiven Verdauungssäfte des Schlangenmagens werden Federn, Krallen und Knochen meist vollkommen verdaut.
7. Fortbewegung
Zwei- und Vierbeiner stoßen sich mit Ihren Gliedmaßen am Boden ab um sich Fortzubewegen. Der Bewegungsapparat der Schlange ist die gesamte Wirbelsäule, die Muskulatur und die Haut. Die Zahl der Wirbel hat stark zugenommen, wodurch das Rückgrat biegsamer wird. Während der Mensch nur 32 Wirbel besitzt, verfügen Schlangen über mehr als 400.
Man unterscheidet 3 Arten der Fortbewegung. Das Seitliche Verrutschen, das Ziehharmonikakriechen und das Seitenwinden.
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Beim Seitlichen Verrutschen liegt der Kopf der Schlange tief auf dem Boden. Von ihm aus geht eine Wellenbewegung in den Schwanz, die dann sofort wieder zurückgegeben wird. Diese Bewegungsart ist sehr energieaufwendig und wird deshalb nur in Notsituationen angewendet
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Beim Ziehharmonikakriechen sieht der Körper der Schlage tatsächlich aus wie eine Ziehharmonika. Hierbei wird zuerst der Hinterkörper angezogen. Dann stößt dieser den vorderen Teil des Körpers ab. Diese Bewegung benutzt die Schlange oft in Rohren oder auf ebenen Flächen.
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Beim Seitenwinden bewegt sich die Schlange voran, indem sie den Körper gegen Unebenheiten auf der Oberfläche stemmt. setzt die Schlange gerne bei heißem oder rauhem Untergrund ein. Hierbei ist die Bewegung so abgestimmt, das immer nur zwei Stellen ihres Körpers den Boden berühren. Das Ausrichten von Körper und Kopf läuft seitlich zur Bewegungsrichtung. Da die Bewegung aber nur wenige Millimeter über dem Boden stattfindet hat man den Eindruck, die Schlange würde schweben.
8. Die Fortpflanzung
8.1. Die Paarung
Die Paarung läuft bei allen Schlangen gleich ab und unterscheiden sich nur unwesentlich.
Das Prinzip Männchen sucht Weibchen ist auch in der Schlangenwelt üblich. Findet ein Männchen ein Weibchen, so reibt er seine Kinnpartie an ihrem Körper auf und ab und
züngelt in sichtlicher Erregung. Bei diesem Ritual erkennt das Männchen dann über das Jacobson-Organ Rasse und Geschlecht des Tieres. Handelt es sich um ein geschlechts-
reifes Weibchen, legt es seine Kopfunterseite auf den Rücken des Weibchens und beginnt langsam nach vorne zu kriechen. Das Weibchen versucht anfangs zu flüchten, ist es jedoch Paarungsbereit, gibt es diese scheinbare Abneigung schnell wieder auf. Jetzt manövriert das Männchen seinen Schwanz unter die Kloake des Weibchens, wo er einen seiner Hemipenis einführt, der jetzt mit den erwähnten Hautfortsätzen verankert wird. Nun wird das Sperma übertragen. Dieser Vorgang dauert Minimum 15 Minuten, meist 30, kann aber auch mehrere Stunden dauern.
Dieser Vorgang kann mehrmals wiederholt werden um weitere Paarungen zu ermöglichen.
Dieser Vorgang kann mehrmals wiederholt werden um weitere Paarungen zu ermöglichen.
8.2. Die Aufzucht der Jungen
Dieser Punkt in bei Schlangen noch sehr wenig erforscht, da Schlangen im allgemeinen ihre Brut ihrem Schicksal überlassen. Jedoch wurden Pythons beobachtet, die sich regelrecht um die Brut winden und so die Temperatur des Geleges ein wenig höher zu machen als die Außentemperatur
9. Ist die Blindschleiche eine Schlange?
Der Name Blindschleiche kommt wahrscheinlich daher, das sie sich oft im Erdreich und in Komposthaufen aufhält und sich deshalb ihr Sehsinn zurückgebildet hat. Sie ist eine beinlose Echse. Deutlichstes Beispiel dafür ist, das die Blindschleiche blinzeln kann. Auch hat sie im Gegensatz zur Schlange einen erstaunlichen Trick auf Lager. Sie kann bei Gefahr ihren Schwanz abwerfen. Ein weiterer Unterschied zur Schlange besteht darin, das die Blindschleiche zum Züngeln Ihr Maul öffnen muss. Die Schlange hat dafür eine kleine Kerbe an Ihrem Ober- und Unterkiefer, durch die die Zunge ohne Öffnung des Mauls gleiten kann. Ein weiterer Unterscheidungspunkt ist die Art der Fortpflanzung. Die Blindschleiche legt keine Eier. Sie gebärt ihre Jungen lebend, die sich beim Wachsen immer wieder häuten. Im Garten machen sich diese beinlosen Echsen sehr nützlich.