Ein Herr, aus dessen Sicht in Ich – Form erzählt wird, befiehlt seinem Diener das Pferd aus dem Stall zu holen. Doch der Diener ignoriert ihn und so muss der Herr dessen Aufgabe übernehmen. Als der Herr in der Ferne eine Trompete vernimmt, hört der Diener nichts und ist somit nur passiv am Geschehen beteiligt.
Der Diener verhält sich in diesem ersten Teil der Parabel sehr merkwürdig. Er führt nicht die Aufgaben aus, die ihm von seinem Gebieter aufgetragen worden und beachtet diesen einfach nicht. Dieses Benehmen ist ungewöhnlich und nicht normal.
An dieser Stelle ist ein Umschwung vorhanden. Der Diener fragt seinen Herrn wohin er reite. Er nimmt ihn also zur Kenntnis und macht sich vielleicht Sorgen um ihn oder um seine Stelle als Diener. Der Herr scheint jetzt allerdings plötzlich verwirrt zu sein. Er antwortet nur: „Ich weiss es nicht“. Und dann: „nur weg von hier, nur weg von hier. Immerfort weg von hier, nur so kann ich mein Ziel erreichen“. Mit diesen seltsamen Worten kann der Diener nichts anfangen und fragt noch einmal nach, ob er sein Ziel kenne. Dies bejaht der Herr und gibt mit „Weg-von-hier“ sein Ziel an. Verständlicherweise wundert sich der Diener und weißt den Herrn darauf hin, das jener keinen Essvorrat bei sich trägt. Daraufhin entgegnet ihm dieser: „Ich brauche keinen“. Er sagt, seine Reise wäre so lang, dass er verhungern müsste, wenn er auf dem Weg nichts bekäme und ihn kein Vorrat retten könnte. „Es ist ja zum Glück eine wahrhaft ungeheure Reise“, ist schließlich sein letzter Satz und damit reitet er fort.
Die Frage, wieso der Mann wirklich aufbricht wird nicht eindeutig geklärt. Es könnte sein, dass ihn der Klang der Trompete plötzlich zu diesem Entschluss geführt hat oder aber seine Abreise lange geplant war.
Die Sprache in Kafkas Parabel ist einfach und es werden nur relativ kurze Sätze verwendet. Dies unterstützt den Eindruck, dass sich Herr und Diener nichts mehr zu sagen haben. Der Herr und seine Gedanken stehen im Mittelpunkt und dabei werden sehr viele Personalpronomen („ich“, „mich“, „du“, „dein“…) verwendet.
Im zweiten Teil wiederholt der Herr sein Ziel immer wieder: „…nur weg von hier, nur weg von hier. Immerfort weg von hier“. Der Leser merkt dabei, wie ernst es ihm mit seinem Entschluss ist.
In Zeile 8 fragt der Diener: „Du kennst also dein Ziel?“. Dies bejaht der Herr. Als Antwort gibt er sein Ziel aber mit „Weg-von-hier“ an. Dieser Wiederspruch weist darauf hin, dass der Herr sein Ziel absolut nicht kennt.
Eine Deutung von Kafkas Parabel erscheint mir recht schwierig, da sich wenig Hinweise in der Erzählung finden lassen. Die zentralen Begriffe sind Herr, Diener, Pferd, Stall, Trompete, Ziel und Reise. Der Aufbrechende will das Herr – Diener Verhältnis hinter sich lassen und verlässt mit seinem Pferd die Sicherheit der gewohnten Umgebung. Er hat ein unbekanntes Ziel vor sich, vielleicht den Ort, von wo er das Blasen der Trompete vernahm. Der Diener hat kein Verständnis für die Reise, wohlmöglich, weil er auch die Trompete nicht gehört hat. Diesen Sachverhalt könnte man auf einen Jugendlichen übertragen, der hinausziehen will um die Welt selbst zu erforschen. Er hat lange genug bei seinen Eltern gewohnt, die ihn aufgezogen und ernährt (bedient) haben. Jetzt aber sehnt er sich nach etwas Neuem und Vater und Mutter können ihm nichts mehr beibringen (Der Herr braucht auch keinen Diener mehr). Die Freiheit (Trompete) ruft ihn und er will Abenteuer („eine wahrhaft ungeheure Reise“) erleben, auch wenn die nur darin bestehen, sich selbst Geld verdienen zu können. Die Eltern jedoch wollen ihr gewohntes Leben mit dem Kind an ihrer Seite weiterführen. Als sie bemerken, dass sie ihn nicht zurückhalten können, bieten sie ihm wenigstens finanzielle Unterstützung (Verpflegung) an.
Das „Kind“ ist jetzt alt genug um sich selbst das Leben zu verdienen und dementsprechend will es jetzt eigene Entscheidungen treffen und sein eigenes Leben führen.
Ob diese Interpretation nun die Richtige ist, muss jeder Leser für sich entscheiden, das es sicherlich viele weitere Deutungsmöglichkeiten gibt. Vielleicht wollte Kafka auch nur jedem Menschen sagen: „Geh deinen eigenen Weg, es ist dein Leben und Rücksicht auf andere ist erst zweitrangig“.
Mit einem Zitat aus Kafkas Prosa Nachlass möchte ich an dieser Stelle meine Interpretation beenden: „Das was man ist, kann man nicht ausdrücken, denn dies ist man eben: mitteilen kann man nur das, was man nicht ist, also die Lüge (..)."