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Einleitung:
Gegenstand dieses Kapitels ist die PID. Bei der PID kann im Zuge einer künstlichen Befruchtung (In-Vitro-Fertilisation) ein Embryo vor dem Einsetzen in den Uterus auf das Vorliegen bestimmter genetischer Erkrankungen untersucht werden. Der Embryo wird nur dann in den Uterus eingesetzt, wenn keine Chromosomenstörungen gefunden werden bzw. die genetischen Befunde den Wünschen und Erwartungen der künftigen Eltern entsprechen.
Mittels der PID lassen sich vor allem Gendefekte aufspüren, bei denen nur ein einziges Gen geschädigt ist z.B. Mukoviscidose, Hämophilie oder Chorea Huntington (Veitstanz).
Die meisten Krankheiten gehen jedoch auf mehrere Gene zurück, über deren Zusammenhang nicht viel bekannt ist; diese lassen sich kaum über die PID erkennen.
Während die PID in den USA schon seit 1990 angewandt und inzwischen auch in großen Teilen Asiens und den meisten europ. Ländern durchgeführt wird, ist sie in Deutschland durch das Embryonenschutzgesetz verboten und in Österreich nach Auffassung vieler Juristen stark eingeschränkt erlaubt.

Die Tatsache allerdings, dass viele Wissenschafter und Paare darauf drängen, die PID auch in Österreich zuzulassen, ist der Anlass hitziger Diskussionen.
Da die PID nur in Verbindung mit einer künstlichen Befruchtung durchgeführt werden kann, muss zunächst diese Technik erläutert werden.

Assistierte Reproduktion = alle chirurgischen Eingriffe zur Gewinnung von Eizellen aus den Ovarien mit anschließender Befruchtung.
  • In-Vitro-Fertilisation (IVF) mit anschließendem Embryotransfer (ET)
  • Intrazytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI): Befruchtung einer Einzelle durch Injektion eines einzelnen Spermiums
  • Intratubularer Gametentransfer: Transfer von Ei-bzw.Samenzelle in den Eileiter der Frau mittels Katheter.
  • Intratubularer Zygoten- bzw.Embryotransfer: Transfer der befruchteten Eizelle (Zygote) bzw. des Embryos in den Eileiter
  • Kryokonservierung von befruchteten Eizellen im Vorkernstadium bzw.Verwendung solcher „imprägnierter„ tiefgefrorener Eizellen.

Historische Entwicklung der assistierten Reproduktion
Die verschiedenen für die erfolgreiche praktische Durchführung der künstlichen Befruchtung notwendigen Techniken sind im 20. Jhdt beschrieben worden: IVF und Embryotransfer (ET) beim Tier waren gelungen, definierte Nährlösungen zur Embryokultur waren ebenso verfügbar wie zuverlässige Schnelltests zur Hormonbestimmung. Die hormonell ausgelöste Superovulation war seit 1940 bekannt. 1968 wurde über eine Kaiserschnittentbindung von Sechslingen bei einer Frau nach Hormonstimulierung berichtet. Bereits seit 1951 war das Phänomen der Reifung der Spermien im weiblichen Organismus bekannt ( = Kapazitation: Spermien erreichen die Fähigkeit zur Befruchtung erst im weiblichen Genitaltrakt durch noch nicht vollständig bekannte biochemische Veränderungen. Unter In-Vitro-Bedingungen wird die Kapazitation durch Zentrifugation der Spermien und anschließender Bebrütung in einem Kulturmedium, das Albumin enthält, erreicht).
1974 hatte eine Arbeitsgruppe um DeKetzer die erste Schwangerschaft nach IVF-Behandlung herbeigeführt; allerdings kam es zu einer Fehlgeburt. Nach einigen Misserfolgen konnten Edwards und Steptoe eine erfolgreiche Schwangerschaft nach „laparoskopischer Entnahme einer Oozyte am 10.November 1977, In-Vitro-Fertilisation und normaler Teilung im Nährmedium und Transfer des 8-Zell-Embryos in den Uterus 2 ½ Tage später“ herbeiführen.
Am 25.Juli 1978 wurde infolgedessen das erste Kind nach IVF, Louise Brown, geboren.
Die wesentlichen Merkmale der PID in Abgrenzung zur pränatalen Diagnostik = PND:
  • Die zu untersuchenden Embryonen werden im Labor erzeugt
  • Die zu untersuchenden Embryonen liegen außerhalb des Mutterleibes vor
  • Vor der Übertragung in die Gebärmutter wird nach Gendiagnostik unter mehreren Embryonen eine Auswahl getroffen
  • Die für die Diagnostik entnommenen Embryonalzellen können je nach Entnahmezeitpunkt „totipotent“ sein.
  • Durch die PID ist erstmals eine „positive“ Eugenik möglich. Bei der PID geht es um eine positive Selektion zwischen mehreren gezielt für diesen Zweck erzeugten Embryonen, während die PND nur auf negtaive Selektion hinausläuft.
Indikationen für die PID

Es lassen sich vier mögliche Zielgruppen für die PID unterscheiden.

  • Hochrisikopaare: aufgrund deren genetische Ausstattung eine relativ hohe Wahrscheinlichkeit, besteht ein Kind mit schwerwiegender Erbkrankheit oder erblicher Behinderung zu bekommen, wie z.B. Mukoviscidose, Chorea Huntington, Muskeldystrophie, Hämophilie A, Sichelzellenanämie, Glasknochenkrankheit.
  • Altersrisiko: aufgrund des höheren Alters der Frau besteht eine höhere Wahrscheinlichkeit ein Kind mit Chromosomenveränderungen (vor allem Down.Syndrom) zu bekommen.
  • Paare, die aufgrund einer Fertilisationsstörung IVF beanspruchen und dadurch die Erfolsrate steigern möchten: Chromosomenstörungen kommen bei Embryonen relativ häufig vor und sind in vielen Fällen letal.( Für fast alle autosomalen Aneuploidien besteht mehrheitlich entweder gar keine Einnistungschance in den Uterus oder es kommt zu einem Spontanabortus in der sechsten bis zwölften Schwangerschaftswoche. Dies gilt für alle Monosomien und, mit Ausnahme der Chromosomen 13, 18, und 21, auch für alle Trisomien. Aber selbst für die Trisomie 13, 18, und 21 muss von einer intrauterinen Verlustrate zwischen 60 und 80 % ausgegangen werden). Das diagnostische Auffinden von numerischen Chromosomenfehlern ( letale Aneuploidien) könnte aber zu einer Verbesserung der Erfolgsrate der IVF beitragen.
Paare, die ein Kind mit einem gewünschten genetischen Merkmal ohne Krankheitswert bekommen möchten:
Im September 2000 wurde der erste derartige Fall in den USA bekannt. Im Fall „Adam Nash“ wurde aus 16 Embryonen per PID ein Embryo ausgewählt, der sich als Blut-Knochenmarksspender für seine sechs Jahre ältere, an Fanconi-Anämie leidende Schweseter eignete. Dem letztlich erfolgreichen waren vier erfolglose IVF/PID-Zyklen vorausgegangen, so dass insgesamt etwa 80 bis 100 Embryonen hergestellt wurden, bis es zur Geburt eines immunologisch „passenden“ Kindes kam. In Großbritannien ist es seit August 2001 möglich, eine PID zur Auswahl eines zweckbestimmten Embryos als Blut- oder Gewebespender für ein erkranktes Geschwisterkind durchzuführen.
In Schottland versuchte eine Familie die Erlaubnis gerichtlich zu erstreiten, per PID ein Mädchen zu bekommen (Fall „Masterton“). Die Familie hatte vier Söhne und eine Tochter. Nach dem Tod der Tochter wollten sie die „weibliche Dimension“ in der Familie wiederherstellen. Diese Indikation wird in der Fachliteratur unter dem Stichwort „family balancing“ heftig diskutiert. Bisher ist die Geschlechtswahl per PID in Großbritannien nur im Fall von X-chromosomal vererblichen Krankheiten zulässig. International wird die als „sex selection“ im Bereich der „family-balancing“ bereits in drei Kliniken angeboten

Prinzipiell ist – technisch gesehen – mit der PID nicht nur eine „negative Abwahl“, sondern auch eine „positive Auswahl“ von Embryonen mit erwünschten genetischen Merkmalen als „Indikation“ möglich.



Vorteile:
Wunsch eines Paares mit genetischer Disposition nach einem gesunden Kind

Paare mit einer Disposition für schwerwiegend genetischen Krankheiten haben das gleiche Recht auf medizinische Hilfe wie Eltern mit Fertilitätsstörungen (Fruchtbarkeitsstörungen).

Verhindern einer Abtreibung bei einer erst später erkannten genetischen Erkrankung

Die Möglichkeit einen später auftretenden Abortus zu verhindern und eine Schwangerschaft auch tatsächlich zu Ende zu bringen

Chromosomenstörungen kommen bei Embryonen relativ häufig vor und sind in vielen Fällen letal. (z.B. fast alle Monosomien und Trisomien) Das diagnostische Auffinden von solchen numerischen Chromosomenfehlern , die eine Lebensfähigkeit ausschließen, könnten daher möglicherweise zu einer Verbesserung der Erfolsquote bei IVF beitragen Nur ungefähr jeder vierte Versuch führt zum gewünschten Ziel
.Warum aber die Mutter den höheren physischen und psychischen Strapazen aussetzen, wenn man weiß, dass durch die PID diese Erfolgsrate steigerbar wäre?

Der Nichttransfer solcher diagnostisch auffälligen Embryonen ist moralisch unproblematisch, da die selektierten Embryonen ohnehin nicht lebensfähig wären

Die PID stellt im Vergleich zur PND die gesundheitlich und psychisch weniger belastende Option dar ( wenn bei schwerwiegender Erkrankung ein Abbruch für zulässig erachtet wird).


Die Natur selbst dient als „Vorbild“.Sie geht verschwenderisch mit befruchteten Eizellen um, da sich viele erst gar nicht einnisten Mediziner , die das Wohl der Mutter den den Vordergrund stellen, sind daher berechtigt, Keime zu verwerfen.



Nachteile:
Die Bewertung menschlichen Lebens (ab wann ist jemand so krank, dass er keine Lebensberechtigung hat)?

Reduktion der Ehrfurcht vor menschlichem Leben bei In-Vitro-Selektion

Die betroffenen Paare befinden sich bei Verzicht auf eigene Kinder nicht in einer ausweglosen Situation; ein Leben ohne Kinder muss nicht notwendigerweise ein unerfülltes Leben sein. (gibt es ein Recht auf ein genetisch gesundes Kind?).
Darüber hinaus gibt es als Alternativen zur PID die Adoption.

Herterologe Insemination (generell bei rezessiv vererbten Krankhweiten; bei dominant vererbten Krankheiten, sofern der Mann Tzräger des Merkmals ist)

Hohe Fehlerdiagnose: selbst von Experten wird die PID noch als experimentell angesehen: die üblichen Laborstandards wie Doppelbestimmung oder Kontrolluntersuchungen sind nicht möglich und schränken die Treffsicherheit ein.

Diese diagnostischen Unsicherheiten an einzelnen Zellen führen zu einer realtiv hohen Rate an Fehldiagnosen. Daher wird das Diagnoseergebnis der PID heute in der Regel durch eine PND überprüft, wenn sich eine Schwangerschaft etabliert hat. In der Literatur variieren die Angaben zu den Fehlerraten sehr stark; sie werden zwischen 8% und 21% für die Geschlechtsbestimmung sowie 7% bis 36% bei Einzelgendefekten wie etwa Mucoviscidose oder Sichelzellenanämie angegeben.

Ist die PID aufgrund der Gefahren durch die Hormonstimulierung und des Eingriffsrisikos, angesichts der realtiv geringen Erfolsrate, tatsächlich die weniger belastende Methode?


Selektion von Mädchen oder Bub wird geboten
Darf das nach Meinung der Elteren „falsche“ Geschlecht eine Begründung für ein Nicht-Einsetzen des Embryos nach der PID sein?

Verfahren wie die PID sind nie wertfrei, sondern zielen stets auf eine Verbesserung“ der Gene ab. Daher besteht eine gewisse Nähe zur Eugenik („Kind nach Maß“ bzw. „Designer – baby“)

Darf die PID angewendet werden, um zu untersuchen, ob jemand einmal mit 40 oder 50 Jahren erkranken könnte (Diabetes, Chorea Huntington, Alzheimer) oder jemand lediglich ein höheres Risiko für eine Erkrankung hat ( z.B. Brustkrebs)?

Stigmatisierung und Diskriminierung von Behinderten und deren Eltern. „ Es ist doch bei den heutigen Möglichkeiten nicht mehr notwendig ein behindertes Kind zu bekommen.“

Rückzug der Solidargemeinschaften:
Warum soll die Gesellschaft für die weit höheren Krankheitskosten eines Behinderten aufkommen? Stellungnahme der Krankenkassen!

Eventuelle Gefährdung des Embryos durch die díagnostische Manipulation.

Die PID ist naturwidrig. Eingriffe des Menschen in die Natur sind wegen des Eigenwertes der Natur bzw, der Heiligkeit der Schöpfung abzulehnen. Der Mensch überschätzt seine Fähigkeiten und kann die Kontsequenzen seines Tuns nicht kontrollieren.



Alternativen zur PID

Zum Angebot der PID gibt es verschiedene Alternativen.

1.) Medizinische – technische Alternativen:
Dem Risikopaar steht das Angebot der PND (Amnionzentese, Chorionzottenbiopsi) offen
Für den Fall, dass ein erhöhtes Risiko vom Vater ausgeht (dominante Vererbung) oder mit ausgeht (rezessive Vererbung) besteht die Möglichkeit einer heterologischen Insemination.
Damit kann die Weitergabe des Gendefektes vom Vater und der Mutter die Belastung durch IVF erspart bleiben.

Für den Fall, dass ein erhöhtes Risiko von der Mutter ausgeht, kann eine Polkörperuntersuchung durchgeführt werden. (Dabei kommt es bei der Eizelle vor dem Eisprung zu einer asymmertrischen Reifeteilung = Meiose I. In deren Folge entsteht neben der reifen Eizelle der sog. Polkörper, welcher das gleiche Erbmaterial wie die Eizelle enthält. Dieser Polkörper wird genetisch untersucht. Nachdem das Spermium in die Eizelle eingedrungen ist, macht die Eizelle noch vor dem Verschmelzen von weiblichen und männlichem Vorkernen die zweite Reifeteilung = Meiose II durch. Dabei teilt sich der weibliche Zellkern und eine Hälfte wird als zweiter Polkörper zwischen Eizelle und Eihülle abgelegt. An diesem zweiten Polkörper kann die Diagnose des ersten Polkörpers überprüft werden. Damit wird die Weitergabe des Gendefekts von der Mutter weitgehend ausgeschlossen ).

Auch bei der Polkörperdiagnostik ist der Selektionsgedanke nicht von der Hand zu weisen, allerdings sind keine Embryonen betroffen, und somit wird die ethische Frage nach dem Status des Embryos nicht berührt.


2.) Soziale Alternativen:
Darüber hinaus sind folgende sozialen Alternativen zu nennen:
  • Der Verzicht auf genetisch eigene Kinder
  • Adoption und Pflegekind
  • Die vorbehaltlose Annahme eines Kindes mit seiner genetischen Ausstattung


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