Es gibt unzählige Ratgeber über Erziehung und täglich reihen sich neue in die schier unendlich scheinende Liste ein. Und bei fast jedem hat man als Leser den Eindruck der Autor stelle den Anspruch er habe ein für die Erziehung unabdingbares und allgemeingültiges Meisterwerk geschaffen. Und tatsächlich findet man in den meisten dieser Ratgeber dann auch die eine oder andere Weisheit die tatsächlich hilfreich sein kann. So kommen immer wieder neue Werke hinaus von denen man, wenn man nicht gerade auf der Suche nach einem solchen Buch ist, in der Regel nichts mitbekommt. Doch nun ist ein Buch erschienen welches bereits kurz nach seiner Veröffentlichung die ganze westliche Welt in Aufruhr zu versetzen scheint. 

Amy Chuas Bestseller „A Battle Hym of the Tiger Mother“ (dt. Titel: Die Mutter des Erfolgs – Wie ich meinen Kindern das Siegen beibrachte) bricht aus dieser Regel aus. In dem Buch beschreibt die Yale-Professorin mit chinesischen Wurzeln wie sie ihre Kinder, durch das Fordern von extremer Disziplin und ohne Gnade, zu den Leistungsträgern der morgigen Gesellschaft erzieht. Doch obwohl Experten ihre Methoden als unmenschlich kritisieren, so zeugt zumindest der Erfolg davon, dass nicht nur Amy Chua der Meinung ist, dass extreme Strenge und das Unterbinden jeglicher Kritik in der Erziehung unerlässlich sind. Alleine in Amerika wurden seit dem Erscheinen des Buches, Anfang dieses Jahres,  mehrere Millionen Exemplare verkauft.

Doch die Diskussion, die dadurch entbrannt ist, berschränkt sich keineswegs auf Amerika sondern beschäftigt Eltern und Pädagogen in allen Teilen der Welt.

Amy Chua fordert von den Eltern ihre Kinder mehr unter Druck zu setzen, sei es nun in der Schule wo nur die Bestnote eine akzeptable ist oder bei den Freizeitaktivitäten, welche nicht von den Kindern frei gewählt sondern von den Eltern vorgeschrieben werden. Es handelt sich dabei auch nur um, in den Augen der Autorin, sinnvolle Tätigkeiten wie das Erlernen eines Instrumentes.
Auf die persönlichen Bedürfnisse oder Wünsche des Kindes wird dabei kaum oder gar nicht eingegangen.

Eine derartige Art der Erziehung kann durchaus bei einigen Kindern bewirken, dass sich diese zu Klaviervirtuosen oder Stargeigern mausern. Allerdings nimmt es keine Rücksicht auf Kinder die mit diesem enormen Druck zugrunde gehen.

Ein weiterer wichtiger Punkt in Amy Chuas Erziehung ist das Abschirmen ihres Kindes von sozialen Kontakten. So verbietet sie es ihren Kindern zum Beispiel Facebook zu nutzen oder bei FreundInnen zu übernachten – die Kinder würden abgelenkt und könnten sich nicht mehr auf das „Wesentliche“ konzentrieren: der  Perfektion ihrer kognitiven Fähigkeiten.
Doch auch diese Methode hat einen großen Nachteil. Durch die soziale Deprivation könnte das Kind später Probleme bei zwischenmenschlichen Beziehungen haben da es nie gelernt sozial zu denken sondern immer nur die überprüfbaren Leistungen im Kopf hatte.

Der dritte große Punkt im System Chuas ist das unterbinden jeglicher Kritik.
Sie schreibt ihrem Kind sei es nicht nur untersagt an Theateraufführungen in der Schule teilzunehmen sondern auch sich darüber zu beschweren oder die Sinnhaftigkeit dieses Verbotes anzuzweifeln. Dadurch würde ihr Kind gehorsam und diszipliniert schreibt Chua.
Kritiker meinen jedoch vielmehr, dass dies sehr schädlich für das Kind sein kann, da es nie lernt die Dinge in Frage zu stellen und so immer nur die Meinung von Autoritätspersonen adaptieren würde. Und wozu eine Gesellschaft von „Nichtdenkern“ und „Ja-Sagern“ führt hat man in der Vergangenheit oftmals beobachten können – unter anderem am Beispiel Nazi-Deutschlands.

Dies soll jedoch nicht heißen, dass alles was Amy Chua in ihrem Buch schreibt schlecht oder falsch ist. Die Forderung nach den „guten alten Werten“ wie Disziplin oder Pünktlichkeit ist durchaus berechtigt. Jedoch die Art wie sie ihren Kindern diese Werte vermittelt erachte ich als unmenschlich und falsch. So finde ich es nicht richtig ein Kind so lange mit Nahrungsentzug zu strafen bis es ein Klavierstück fehlerfrei zu spielen gelernt hat.

In meinen Augen sollte Erziehung zum Zweck haben einen lebensfähigen Menschen zu formen der in allen Bereichen des Lebens möglichst gut vorbereitet ist, ohne ihn in eine Form zu pressen. Seien es Manieren, die Fähigkeit mit anderen Menschen zu kommunizieren und zu agieren, die richtigen Wertvorstellungen oder ein gewisser Grad an Allgemeinbildung. Im Gegensatz zu Amy Chua halte ich auch das selbstständige Denken und kritische Hinterfragen für äußerst einen wichtigen und fundamentalen Bestandteil einer guten Erziehung.

Im Zuge der Diskussion rund um Amy Chuas Buch wurde immer wieder über das derzeitige Schulsystem in Österreich gesprochen und wie groß der Anteil der Schule an der Erziehung der Kinder ist. Immer wieder haben sich Lehrer beschwert mit welch unmöglichen Manieren die Kinder auf die Schule kommen, aber auch in die gegengesetzte Richtung wurde immer wieder kritisiert.
Ich glaube, dass die Schule zwar einen großen Einfluss auf die Erziehung und Entwicklung der Kinder haben kann, allerdings ist dieser Anteil zu sehr von den Lehrpersonen abhängig und nicht auf das Schulsystem zurückzuführen. So kann ein ambitionierter Lehrer durchaus einen positiven Einfluss auf die Schüler haben, während ein weniger engagierter oftmals nur steif seinen Stoff vorträgt und kaum bleibende Spuren hinterlässt, sei es nun in Bezug auf die Erziehung oder auf den Lehrstoff.

Meiner Meinung nach gibt es kein allgemeingültiges Rezept für die perfekte Erziehung. Jedes Kind hat andere Interessen und Bedürfnisse und ein großer Schritt ist bereits getan wenn man diese berücksichtigt beziehungsweise fördert. Weiters sollte ein jeder Vater und eine jede Mutter einfach ein gutes Vorbild und sich über diese Rolle auch im Klaren sein. In Kombination mit Liebe, Aufmerksamkeit und ein wenig Glück könnte das dem Geheimnis der perfekten Erziehung schon sehr nahe kommen. 

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