Ab der Oberstufe werden die Schüler von den Lehrern in der Regel mit „Sie“ angeredet. Doch es stellt sich die Frage, ob die Sie-Anrede nicht schon in der 10. Klasse eingeführt werden sollte. Für die Einführung spricht, dass die Du-Anrede nur eine plumpe Vertraulichkeit von Personen, denen man vielleicht lieber aus dem Weg gehen möchte, vortäuscht, wie ein Professor von der Universität Bremen in einer Studie über den menschlichen Umgang darlegte. Außerdem ist es wichtig, dass man schon früh die Formen der Höflichkeit einübt. Unter Erwachsenen ist die Sie-Anrede nämlich vor allem in der Öffentlichkeit normal und ein Bestandteil der höflichen Umgangs, denn diese Form der Anrede drückt den anderen gegenüber Respekt und Achtung aus. Darüber hinaus bringen auch die Schüler gegenüber den Lehrern mehr Respekt entgegen, wenn auch sie selbst respektiert und mit „Sie“ angeredet werden. Durch den entgegen gebrachten Respekt fühlen sich die Schüler ernster genommen und beteiligen sich so auch aktiver im Unterricht. Doch es gibt auch Argumente, die gegen die Sie-Anrede in der 10. Klasse sprechen.
Die Sie-Anrede ist typisch für eine entfremdete Gesellschaft, in der die menschlichen Beziehungen zunehmend in vorgegebenen Rollenmustern erstarren, wie diverse Forschungsarbeiten Verhaltenspsychologiestudenten bewiesen. Darüber hinaus geht die Vertraulichkeit zur Klasse verloren. Denn der plötzliche Wechsel von der Du- zur Sie-Anrede ist bei Lehrern, die man schon mehrere Jahre kennt eine künstliche und kaum zu rechtfertigende Angelegenheit. Daher sollte man die Sie-Anrede nicht bereits in der 10. Klasse, sondern erst in der Oberstufe einführen.