Stellen Sie sich vor, Sie sind 3 Jahre alt!
Als 3-jähriges Kleinkind sieht man die Welt natürlich mit ganz anderen Augen. Die Welt, und überhaupt alles, ist so unendlich groß und man selbst ist ebenso klein. Doch man möchte das alles entdecken, sehen und begreifen. Man muss noch so viel lernen und Erfahrungen sammeln. Doch schon in dieser kindlichen Naivität hat man ganz genaue Vorstellungen, wie es „später“ einmal werden soll. Man findet alles und jeden toll!
Da wären zum Beispiel an erster Stelle die Eltern, die man so sehr bewundert, die großen Geschwister, oder auch der „nette Onkel“ aus dem Fernsehen.
Alles ganz nett.
Als kleines Mädchen möchte man Mama werden – so wie die Mama. Als kleiner Junge – kommt ganz darauf an, was der Papa von Beruf ist.
Oder, wer kennt ihn nicht, diesen Spruch: „wenn ich groß bin will ich …werden!“
Und wie ist es dann wirklich, wenn man dann „groß“ ist?
Da hat man zum Beispiel 13 Jahre lang ordentlich Schulbildung genossen, nun steht man da, mit dem Abitur in der Tasche und weiss nicht so recht, was man damit anfangen soll.
Natürlich, studieren, das will jeder. Aber was?
Medizin, Jura, VWL, BWL, oder lieber was Kreatives?
„Mein Onkel hatte schon mit 18 das Abi. Er hat eine Klasse übersprungen. Dann hat er Jura studiert und jetzt arbeitet er als Anwalt in seiner eigenen Kanzlei. Er ist sehr erfolgreich und verdient gut. Außerdem ist er glücklich verheiratet und hat drei Kinder; er lebt mit seiner Familie in einem kleinen Häuschen am Stadtrand.
Ich glaube, so ein Leben könnte ich mir auch ganz gut vorstellen! Gut, ich habe das Abitur erst jetzt, mit 19, aber das macht nichts. Jura will ich auch studieren, vielleicht kann ich ja später sogar bei meinem Onkel in der Kanzlei arbeiten! Nach dem Studium will ich eine Familie gründen, genau wie er.“
Etwa so schilderte mir ein Freund sein zukünftiges Leben, so wie er es sich vorstellt. Komplett durchgeplant und mit dem Onkel als Vorbild. Er scheint dieses Vorbild zu brauchen um sein Leben zu gestalten.
Braucht jeder von uns ein Vorbild?
Eine Bekannte schilderte mir kürzlich ihre Vorstellung von einem „glücklichen Leben“: Kinder will sie haben, das ist „ganz klar“. Heiraten will sie dann auch mal, „später vielleicht“, aber zuerst will sie noch studieren. Kunst und dann „na wer weiss das schon!“. Auf die Frage, ob sie ein Vorbild zur Gestaltung ihres Lebens hat, antwortete sie: „Vorbild? Nein das brauche ich nicht! Ich habe meine eigenen Vorstellungen von einem „glücklichen Leben“! Wobei, meine Mutter ist Architektin, gut, das Talent habe ich bestimmt von ihr, aber ich möchte auf keinen Fall Kunst studieren, nur weil sie so etwas macht!“
Sie braucht also, ihrer Meinung nach, kein Vorbild. Aber ist das wirklich so? Oder ist es, wenn auch vielleicht nur „unterbewusst“, von Anfang an, also schon im Kindesalter, klar, welchen Weg wir gehen werden?
Als erwachsener Mensch sieht man die Eltern vielleicht nicht mehr so sehr als Vorbild, jedenfalls nicht bewusst, aber dennoch sind viele ihren Eltern sehr gleich, oder werden es, im Laufe ihres Lebens.
Schon als kleines Kind und auch noch später als Erwachsener, bekommt man die „Vorbilder“ doch geradezu „reingewürgt“. Und zwar von den Medien. Sie liefern uns die Vorstellungen von dem, wie wir sein sollen.
Besonders betroffen davon sind wohl die, sich in der Pubertät befindenden, Jugendlichen. Überall, ob in Fernsehen, Radio oder Zeitschriften, werden ihnen die sogenannten „Vorbilder“ aufgezwungen. Dies geschieht jedoch völlig unterbewusst, jedenfalls aus der Sicht der Jugendlichen. Die Medien nutzen diese Naivität, vor allem die der Kinder und Jugendlichen, bewusst aus, um daraus Profit zu schlagen.
Wieviele Jugendliche – insbesondere Mädchen – leiden beispielsweise an Essstörungen, nur weil sie eine so makellose Figur haben wollen, wie die Models und alle anderen „Stars und Sternchen“, die sie aus den Zeitschriften und aus dem Fernsehen anlachen und geradezu dazu animieren, genauso zu werden.
Andererseits ist vielleicht gerade dieser Aspekt für viele ein Grund, ihr Leben anders zu gestalten. Es anders zu machen als alle anderen.
Sie animiert es dazu, ihre Individualität auszuleben.
Aber hätten sie genau das auch getan, wenn sie diese „Vorbilder“ nicht gehabt hätten?
Es scheint wohl so, als benötige unsere gesamte Gesellschaft tatsächlich so ihre Vorbilder. Um ihr Leben danach zu gestalten, oder eben nicht, um es genau anders oder auch besser zu machen, sozusagen als eine Art „Herausforderung“.
Doch trotz alledem üben die Medien, nach wie vor, eine zu große Gewalt auf uns aus.
Sie versuchen uns, in allem was wir tun, zu manipulieren.
Wir sollten uns nicht länger von den Medien ausnutzen lassen. Wenn Vorbilder vielleicht auch nötig sind, sollten wir sie uns nicht von den Medien auftischen lassen. Und auch andere Vorbilder, wie beispielsweise Familienangehörige oder Freunde, sollten uns nicht im Geringsten dazu animieren, ihnen alles gleich zu tun, oder sie zu kopieren, sondern lediglich, uns mit ihnen zu messen und es besser und anders zu machen, als sie.
Jeder darf jemanden haben, den er bewundern kann. Dennoch sollte jeder sein eigenes Leben führen!