Der innere Monolog ist ein Darstellungsmittel in Romanen, Erzählungen und Hörspielen. Es wird versucht den Bewusstseinszustand einer Person unmittelbar wiederzugeben. Dies erfolgt ohne Einbindung einer dritten Person. Der innere Monolog ist eine subjektive Darstellungsform welche verschiedenste Entfaltungsmöglichkeiten für Phantasie und sprachliche Ausdrucksformen bietet. Seine typische Charakteristik erhält er durch die Wiedergabe des Bewusstseinsstromes. Dabei handelt es sich um eine vielschichtige Folge von Bewusstseininhalten (grob gesagt Gedanken), in denen Wahrnehmung, Empfindung und subjektive Reaktion in ihrer reinen Form vorliegen. Man kann dies leicht mit seinen eigenen Gedanken vergleichen. Man denkt selbst ja auch nicht nach einer strikten Vorlage. Der Mensch verbindet beim Nachdenken einen Gedanken sofort mit irgendeinem anderen Gedanken. Diese Gedankensprünge sind oft für Außenstehende nur schwer bis gar nicht nachvollziehbar. Betrachtet man aber den gesamten Gedankengang, kann man trotzdem einen Grundgedanken erkennen, auch wenn dabei Einzelheiten unklar sind. Das Nachdenken als solches kann als Bewusstseinstrom bezeichnet werden. Im englischen wird dieser Begriff und damit auch im weitesten Sinne der "Innere Monolog" selbst als "stream of consciousness" bezeichnet.
Entwicklung:
Der Begriff "stream of consciousness" wurde erstmals von dem amerikanischen Psychologen William James in dessen 1890 erschienen Werk "The principles of psychology" verwendet. Er beschrieb mit diesem Begriff den Roman "Leslauriers sont coupés" des französischen Schriftstellers Edouard Dujardin welcher 1888 erschienen ist. In die Literaturkritik fand der Begriff "stream of consciousness" erstmals in einer Kritik der Autorin May Sinclair (1863-1946) Verwendung, um das Werk "Pilgrimage" von Dorothy Richardson (1873-1957) zu charakterisieren.
Technik:
Der Autor versucht, den Ablauf von Bewusstseinsvorgängen (Wahrnehmungen, Gedanken, Gefühle, Reflexionen seiner Umgebung) einer Person so wiederzugeben, wie sie im menschlichen Bewusstsein ablaufen. Hierbei tritt der Autor ganz hinter seine Romanfigur und setzt deren Bewusstsein dem Leser ohne die durch den Erzähler geschaffene Distanz aus. Der Eindruck entsteht, der Autor verschmelze mit der Romanfigur. Dabei wird fälschlicher Weise oft angenommen, dass die Meinung der Romanfigur der Meinung des Autors entspreche. Der Verzicht auf Satzzeichen oder der Einhaltung grammatischer Regeln lässt den Eindruck eines authentischen Gedankenflusses entstehen.
Kennzeichen des Inneren Monologs:
- Kette von Gedanken, Erinnerungen, Einfällen, Wünschen usw.
- Kette folgt dem Prinzip der Assoziation, ein Inhalt löst den anderen aus.
- Sinnesreize werden registriert und lösen neue Gedankenketten aus.
- Sprunghafter Themenwechsel
- Keine Distanz zwischen Figur und Bewusstseinsstrom
- Keine voll ausgeformte Sprache
- Lockerer Satzbau
- Einfache Sätze
- Ungebundene Reihung von Aussagen
- Direkte Charakterisierung der Erzählfigur
- Viele Fragen und Ausrufe
- Reflexion der Umgebung durch die Erzählfigur
Autoren verwenden den Inneren Monolog sehr gern in Romanen um ihre Romanfiguren besser charakterisieren und deren Denkensweise besser aufzeigen zu können. So ist er zum Beispiel Bestandteil der großen Romane bei James Joyce, Marcel Proust, Thomas Mann, Alexander Döblin. Der erste deutsche Vertreter, welcher dieses Stilmittel eingesetzt hat war Arthur Schnitzler mit seiner Novelle "Leutnant Gustl". Auf Arthur Schnitzler und seinen "Leutnant Gustl" wird nun in den folgenden Zeilen näher eingegangen.
Arthur Schnitzler:
Arthur Schnitzler wurde in Wien als Sohn des berühmten Laryngologen (Facharztes für Kehlkopferkrankungen) Johann Schnitzler am 15.05.1862 geboren. Von 1871 bis 1879 besuchte er das Akademische Gymnasium. Danach studierte er in seiner Heimatstadt Medizin und erhielt 1885 seine Zulassung als Arzt. Bis 1894 praktizierte er als Arzt, betätigte sich aber bereits in dieser Zeit nebenbei als Schriftsteller. Seinen ersten literarischen Durchbruch erreichte er mit "Liebeslied der Ballerine" in der Zeitschrift "Der freie Landbote".
Seit Anfang des 20. Jahrhundert gehört der Literat zu den meistgespielten Dramatikern auf deutschen Bühnen. Nach der Veröffentlichung von "Leutnant Gustl", in dem er den Ehrenkodex des österreichischen Militärs angreift, wird ihm der Offiziersrang als Oberarzt der Reserve aberkannt.
Leutnant Gustl:
Leutnant Gustl hat von einem Freund Karten für ein Konzert bekommen. Nun sitzt er in einem Wiener Konzertsaal und langweilt sich. Anstatt sich auf das schöne Oratorium zu konzentrieren, wirft er lieber wildfremden Mädchen Blicke zu und denkt an alles mögliche, nur nicht an die Musik. Als das Konzert endlich aus ist, drängt er sich zur Garderobe wo es durch das Drängen und Stoßen des jungen Offiziers zu einer Auseinandersetzung mit einem Bäckermeister, den Gustl aus seinem Stammcafé kennt, kommt. Der junge Gustl kann seinen Säbel nicht ziehen, da der wesentlich stärkere Bäckermeister seine Waffe in der Scheide hält und dem jungen Offizier droht das Schwert zu zerbrechen, wenn er nicht Ruhe gebe. Doch damit nicht genug. Er nennt ihn auch noch einen "dummen Bub".
Problematik:
Der in seiner Ehre verletzte Offizier wird durch den Ehrenkodex des k. u. k. Offizierskorps dazu verpflichtet durch ein Duell seine Ehre wiederherzustellen. Doch Gustl konnte sich nicht mit dem Bäckermeister duellieren, da dieser ja den Säbel des jungen Offiziers hielt. Ein späteres Duell verbietet der Kodex und so war Gustl für alle Zeit gebrandmarkt. Wenn seine Vorgesetzten von diesem peinlichen Zwischenfall erfahren hätten, wäre aus dem Militärdienst entlassen worden und für eine andere Arbeit außer diese soll Gustl, wie er selber sagt, "zu dumm" sein. Er steigert sich auch immer mehr in die Sache hinein und verstrickt sich in Widersprüchen. Auch zeigt Arthur Schnitzler (der ja Jude war) in der Person der Leutnant stark den Antisemitismus der zu jener Zeit (um die Jahrhundertwende) in Wien, einem Schmelztiegel der Kulturen dieses großen Kaiserreiches Österreich, geherrscht haben muss.
Leseprobe:
Wie lange wird denn das noch dauern? Ich muss auf die Uhr schauen…schickt sich wahrscheinlich nicht in einem so ernsten Konzert. Aber wer sieht's denn? Wenn's einer sieht, so passt er gerade so wenig auf, wie ich, und vor dem brauch' ich mich nicht zu genieren…Erst viertel auf zehn?…Mir kommt vor, ich sitz' schon drei Stunden in dem Konzert. Ich muss das Programm anschauen…Ja, richtig: Oratorium? Ich hab' gemeint: Messe. Solche Sachen gehören doch nur in die Kirche. Die Kirche hat auch das Gute, dass man jeden Augenblick fortgehen kann. – Wenn ich wenigstens einen Ecksitz hätt'! – Also Geduld, Geduld! Auch Oratorien nehmen ein End'! Vielleicht ist es sehr schön, und ich bin nur nicht in der Laune.