Inhalt:
Völlig unerwartet besucht der Oberstudiendirektor Himmler die Unterstufentertia B um ihren Griechischunterricht beizuwohnen. Der junge, kompetente, aber langweilige Lehrer, Herr Kandlbinder ist überrascht und gleichzeitig ein wenig geschockt und überrumpelt. Er ruft sogleich seinen besten Schüler an die Tafel, damit dieser demonstriert, was sie im Unterricht alles durchgenommen haben. Himmler, auch „Rex“ genannt, zeigt sich aber wenig beeindruckt und will einen anderen Schüler hören. Kandlbinder fordert den griechisch begabten, aber äußerst frechen und eingebildeten Konrad von Greiff auf, dessen forsches Auftreten den deutschnational-bürgerlich gesinnten Rex dazu bringt, den Wert des Adelstitels der von Greiffens in Frage zu stellen. Greiff, der sich das nicht gefallen lässt und seinerseits den Oberstudiendirektor als bloßen "Herrn Himmler" tituliert, erhält zuerst Arrest und wird schließlich der Schule verwiesen.
Franz Kien, der dem ganzen möglichst unauffällig beiwohnt, erinnert sich, an eine Aussage seines Vaters. Er meinte, dass er sich vor dem alten Himmler in Acht nehmen müsste. Er sei „schwarz bis in die Knochen“ und fände „nichts dabei, mit Juden zu verkehren.“ (S. 60/61). Mit seinem nationalsozialistisch gesinnten Sohn, dem „jungen Himmler“ ist er tödlich verfeindet. Dieser sei aber „schwer in Ordnung“. (S. 60).
Nach dieser Aktion, bemerkt der Rex ein selbstgebasteltes Hakenkreuz an der Jacke von Hugo Aletter, das er sofort abnehmen muss, denn der Direktor duldet keine politischen Anzeichen.
Nun aber trifft es Franz Kien selber und er muss an die Tafel. Der Direktor diktiert ihm einen Satz, den er eigentlich schon gelernt haben sollte. Kien hat aber keine Ahnung, da ihn der Unterricht bei Herrn Kandlbinder schon länger langweilt und so steht er hilflos vor der Tafel. So ist eine Demütigung durch den „Rex“ unvermeidlich und sie scheint auch kein Ende zu nehmen. Der Direktor stellt ihm immer neue Aufgaben, die er nur zum Teil befriedigend beantworten kann. Schließlich tadelt Himmler auch noch den Klassenlehrer, dass er zugelassen hat, dass sich Kien seit Wochen durch den Unterricht schummelt. Herr Kandlbinder schlägt Nachhilfestunden vor, doch der Direktor weißt ihn darauf hin, dass Kien’s Vater nicht einmal das monatliche Schulgeld zahlen kann, geschweige denn teure Nachhilfestunden.
Der Direktor stellt nüchtern fest, dass Franz Kien und sein Bruder nicht „zur Ausbildung an höheren Schulen nicht geeignet" sein (S.121) und weißt damit auf einen baldigen Verweis der beiden Brüder hin. Franz fühlt sich ist sehr verärgert, dich spürt er auch die Erleichterung, dass er diese Schule nicht mehr besuchen muss. Zuhause erzählt er seinen Vater davon, da er möchte, dass er es nicht zuerst vom „Rex“ erfährt. Der Vater ist unerwartet ruhig und nimmt es eher gelassen hin. Er hat sich gerade Morphium gespritzt, da er bald eine Amputation vor sich hat und schläft gleich daraufhin ein.
Nach seiner Prüfung verlief die Stunde ruhig und beim Klingeln verließ der „Rex“ sofort die Klasse.
Personen:
Franz Kien:
Andersch macht keine Geheimnis daraus, dass er sich mit Franz Kien eine zweite Identität zugelegt hat. Er ist der Meinung, dass er durch dieses Erzählen in der dritten Person einfach ehrlicher und unverblümter schreiben kann. Er macht aus einem autobiographischen Text eine Erzählung.
Andersch gibt an, dass „Franz Kien sein Dasein Andersch’ Wunsch der Diskretion verdankt“ und er hilft ihm „Hemmungen zu überwinden“ (S. 130).
Andersch beschreibt praktisch sich und seine Gefühle in dieser Griechischstunde. Da es eine Erzählung ist, kann er vergessene Sätze zu vollständigen Dialogen zusammenfassen. Nicht alles entspricht zu hundert Prozent der Wahrheit, aber da es sich ja nicht um einen autobiographischen Text in dem Sinn handelt, kann Andersch sich das erlauben.
Nun aber zum Charakter des Franz Kien, alias Alfred Andersch: Franz ist kein besonders guter Schüler. Das liegt nicht daran, dass er dumm wäre, nein- Franz ist einfach zu faul und der Unterricht interessiert ihn nicht. Besonders durch Griechisch und Latein schummelt er sich durch und ist auch sonst weder gewissenhaft noch fleißig. Sein Berufwunsch steht schon fest: Er möchte Schriftsteller werden, doch ist er sich noch nicht im Klaren darüber, was und wie er schreiben will. Zur Anregung liest er Karl May, wobei er aber von seinem Vater und dem „Rex“ aufgeklärt wird, dass diese Bücher „Gift“ sein.
Er ist äußerst wachsam, doch nicht was das Mitdenken im Unterricht betrifft, eher was die Emotionen und Handlungen der Menschen betrifft. Er merkt sofort, was für Wirkungen es hat, jemanden mit, ohne oder den falschen Titel anzusprechen.
Direktor Himmler:
Trotz seines fortgeschrittenen Alters ist er bestens in Form und hat ein glänzendes und eindrucksvolles Auftreten. Er weiß über jeden Schüler bestens Bescheid- welche Noten er in welchen Fächer schreibt und wie sein sonstiges Verhalten ist.
Obwohl er erst angibt, den Unterricht nur zu beobachten, nimmt er ihn bald selbst in die Hand und bringt Herrn Kandlbinder immer wieder in Verlegenheit.
Für ihn scheint Griechisch sehr wichtig zu sein und er würde sich wünschen, dass es eine Schallplatte von Sokrates und Co. gäbe, damit man die richtige Aussprache lerne. Über das Grammatikbuch der Klasse lässt er sich mehrmals aus, da es viel zu kompliziert sei. Oft wiedersprechen sich seine Ansichten und die des Herrn Kandlbinder, doch wenn dieser seine Meinung vertreten will, wird er von Himmler stark zurecht gewiesen.
Herr Himmler ist Anhänger Bayrischen Volkspartei- also „Schwarzer“. Sein Sohn dagegen, der „junge Himmler“ ist ein begeisterter Hitler- Anhänger und die zwei sind schon seit langem verfeindet. Himmler duldet keinerlei politische Bekennungen in der Schule und das selbst gebastelte Hakenkreuz ist ihm ein Dorn im Auge.
Weiteres kann man sagen, dass er wenig Mitleid zeigt und die Schüler- besonders Franz- vor der ganzen Klasse demütigt.
Herr Kandlbinder:
Er ist zwar noch ein junger Lehrer, doch wirkt er neben dem Direktor eher spärlich und klein. Er mag zwar ein kompetenter Lehrer sein, der weiß wovon er redet, doch gestaltet er seinen Unterricht nicht interessant und so verliert er die Aufmerksamkeit einiger- eigentlich intelligenter- Schüler, wie zum Beispiel Franz Kien.
Er beharrt genau auf das, was er in den Bücher gelesen hat und ist entsetzt, als Direktor Himmler etwas herablassend über die Grammatik der Griechen redet. Doch am Ende kann er sich nie durchsetzten und warten stumm und gedemütigt in der Ecke bis der Unterricht zu Ende ist.
Bedeutung des Titel:
Mit dem Titel: „Der Vater eines Mörders“ nimmt Andersch Bezug auf Direktor Himmler, der ja der Vater des berühmt berüchtigten Nazi- Himmlers ist. Ich denke, Andersch hat sich Direktor Himmler als Namensgeber ausgesucht, da dieser neben Franz Kien die „Hauptrolle“ spielt. Man fragt sich sicher, wie die Eltern so eines Massenmörders waren. Andersch gibt uns hier einen kleinen Einblick in diese Frage.