Biografie
Elfriede Jelinek wird am 20.10 1946 in Mürzzuschlag/Steiermark geboren. Ihre Kindheit und Jugend verbringt sie in Wien, wo sie Kunstgeschichte, Theaterwissenschaft und Musik studiert. 1972 lebt sie einige Zeit in Berlin, 1973 in Rom sowie als freie Schriftstellerin in Wien, München und Paris. Jelinek gewinnt etliche Preise: Lyrik- Prosapreis der österreichischen Jugendkulturwoche (1969); Lyrikpreis der österr. Hochschülerschaft (1969); Österreichisches Staatsstipendium für Literatur(1972); Roswitha- Gedenkmedaille der Stadt Bad Gandersheim (1978); Drehbuchpreis des Innenministeriums der BRD (1979); Würdigungspreis des Bundesministeriums für Unterricht und Kunst(1983) Heinrich Böll – Preis der Stadt Köln (1986), Literaturpreis des Landes Steiermark (1987). Mit ihren Romanen und Theaterstücken wurde Jelinek zur Vertreterin einer teils plakativen, teils kritischen feministischen Literatur, wobei sie, vom Marxismus beeinflußt, auch den Aspekt ökonomischer Abhängigkeit in den Mittelpunkt stellt. In ihren Romanen Die Liebhaberinnen (1975), Die Klavierspielerin (1986), Lust (1989) und Die Kinder der Toten (1995) machte sie die Entindividualisierung der Sexualität durch eine von Männern dominierte Gesellschaft zum zentralen Thema. In ihren Dramen wie Was geschah, nachdem Nora ihren Mann verlassen hatte (Uraufführung 1979) oder Krankheit oder Moderne Frauen (Uraufführung 1987) Inszenierte sie satirisch- groteske Geschlechterkämpfe und löste heftige Diskussionen aus. Filme: ”Die Ramsau im Dachstein”, ORF 1976 , ”Die Ausgesperrten” Drehbuch zusammen mit Franz Nowotny, 1972 , ” Was die Nacht spricht.- Eine Erzählung”. Drehbuch zusammen mit Hans Scheug und Patienten des psychiatrischen Krankenhauses Baumgartnerhöhe 1987.
 
Inhalt
Brigitte arbeitet in einer Miederwarenfabrik. Sie macht die Arbeit im Akkord nicht gerne, aber es ist eben ihre Arbeit. Durch die Klammerung an den Gedanken, sie sei für etwas besseres bestimmt als ihre Mitarbeiterinnen, hält sie sich wenigstens gedanklich fern von der Monotonie ihrer Arbeit. Ihre Träume würden sich, wenn es nach ihr ginge, in der Heirat mit ihrem Freund Heinz erfüllen. Der Liebe zu ihm wegen lässt sie viel über sich ergehen, denn Heinz Eltern weigern sich strikt, sie als Frau und denkendes Wesen wahrzunehmen, wenn sie überhaupt von ihnen wahrgenommen wird. Sie hat nichts zu bieten, da Heinz das Gesparte seiner Eltern für den Aufbau eines eigenen Elektroinstallationsgeschäfts aufwenden wird und dort für sie kein Platz ist. Auch Heinz Bezug zu Brigitte ist nicht viel stärker, für ihn ist Brigitte nur eine „feuchte Muschi, die von der Naturkatastrophe Heinz-Schwanz eingenommen werden will“.
 
Auf fast brutale Art lässt sie sich oft von ihm nehmen. Das hat zu unüberwindbaren Folge, dass sie immer und immer mehr abstumpft, bis hin zum endgültigen Tod ihrer sexuellen Wünsche. Den sexuellen Akt sieht sie im Prinzip nur als Mittel zum Zweck, Heinz interessiert sich sowieso in keinster Weise, ob sie Freude oder Schmerz empfindet. Brigitte ist alles gleich, Sex ist nicht Teil ihres Ziels. Für Brigitte ist klar, dass sie eben nichts hat, was sich natürlich, nachdem sie Heinz Ehefrau geworden ist, schlagartig ändert. Am Ende trifft alles so ein, wie sie es sich erdacht hat. Sie wird schwanger und Heinz muss sie heiraten. Die „bessere Zukunft“ ist schon Gegenwart geworden, sie hat das Ziel ihres Lebens erreicht. Eine glückliche Familie. Ob Heinz sie wirklich liebt, ist ihr egal. Sie hat sich schon Anfang an, an ihre Träume verkauft und empfindet nichts mehr.
 
Paula lebt am Land in einem klienen Dorf, in einer guten Familie. Ihr Vater und ihr Bruder arbeiten als Waldarbeiter und verprügeln sie und ihre Mutter regelmäßig. Paula möchte aus ihrem Leben etwas machen, etwas anderes. So beginnt sie eine Schneiderlehre. Dafür steckt sie sogar extra Prügel ein, denn eigentlich sollte sie Verkäuferin oder Hausfrau werden. Die zwei einzigen Berufe für Frauen aus dem Dorf. Sie trotz all den Richtlinien und verliebt sich auch noch in, den jungen guaussehenden Waldarbeiter, Erich. Erich hat nur Motorräder und seine Arbeit im Kopf und so merkt er auch nicht einmal, dass Paula ihm ihre Unschuld schenkt und schwanger wird. Er stellt sie als Hure hin, sich legal vor einer Heirat zu drücken.Für Paula beginnt der Anfang vom Ende.
 
Ihre Familie versucht anfangs, das Kind aus ihr heraus zu prügeln, sodaß Paulas Ich in 100.000 Stücke zerfällt. Vom restlichen Dorf wird sie als hure beschimpft und schickaniert, Dank Erich. alles in Paula stirbt in dieser Zeit ab, ihr Traum von einem glücklichen Leben verwandelt sich in einen einfachen kleinen Hoffnungsfunken ganz tief versteckt in ihrem Herzen. Nach einer Aneinaderreihung voeler, vieler Demütigungen in der Öffentlichkeit und im Privaten, gelingt es ihr doch, Erich zu einer Hochzeit zu bewegen. Sie wohnen bei Paulas ELtern und bekommen ihr zweites Kind und Paula beginnt als Verkäuferin. Paula ist glücklich auch, wenn ihre Ehe von Alkohol und Gewalt überschattet wird.
 
Doch alles Glück hat auch schon bald wieder ihr Ende, Erich versäuft ständig ihr Geld, sodaß Paula beginnt sich heimlich zu prostituieren. Sie möchte nur einen kleinen Nebenverdienst haben, für die Zukunft ihrer Kinder. Natürlich kommt Erich dahinter und läßt sich nicht in Trauer von ihr scheiden. Für Paula bedeutet dies das Ende ihrer Mädchenjahre. Ihre beiden kleinen Kinder bringt sie bei ihren Eltern unter, während sie in der nächsten Kreisstadt eine kleine Wohnung bezieht. SIe findet verstoßen von der Dorfgemeinde eine freigewordene Stelle in einer Miederfabrik. Genau dort wo Brigittes bessere Zukunft ihren Anfang fand.
 
Personen
Brigitte
lebt mit ihrer Mutter in einer Kreisstadt in der Steiermark. Sie ist ziemlich hübsch, jedoch weder besonders gebildet noch zeigt sie Interesse an einem geistig erfüllten Leben. Eine Familie, die sie versorgen und betreuen kann, ist ihr einziges Ziel, dafür ist sie auch bereit, Opfer zu bringen. Heinz demütigt, schläft und misshandelt sie regelmäßig. Im Laufe des Romans entwickelt sich ihre Liebe zu Heinz zu reinem Fanatismus. Sie fixiert sich vollkommen auf Heinz, wobei sie sich selber aufgibt. Sie hatte nie die Idee, selbst etwas für ihre Zukunft zu unternehmen. Doch sie wird glücklich und führt ein nach ihren Träumen erfülltes, glückliches Familienlieben. Sie ist diejenige, die zeigt, dass man es auch schaffen kann aus einem stupiden, einfachen und aussichtslosen Leben in einer Miederfabrik etwas zu machen, man muss sich nur lange genug demütigen lassen und am Ende „unbeabsichtigt“ schwanger werden. Ob sie wirklich glücklich ist, interessiert niemanden, nicht einmal Brigitte selbst.
 
Paula
lebt wie in einer Traumwelt, sie träumt von der Liebe. Doch das hindert sie nicht vieles hinterfragt, so stellt sie sich Fragen zu Verhütung oder Selbständigkeit, doch bekommt keine Antworten. Würde sie in einer Stadt leben würde sie vielleicht Karriere machen. Und das traurige an allem ist, das niemand für sie und ihr erwachsen werden da ist. Und dann ist es zu spät, ihr Leben ist vorbei, bevor es überhaupt begonnen hat. Kleinkarierte Gesellschaftsansichten lenken und zerstören ihr Leben, sie hat keine Chance.
 
Zum Text
Elfriede Jelinek besticht und irritiert durch ihre brutale und sarkastische Art, die Schicksale der beiden Mädchen zu schildern. Sie schreibt in Umgangssprache und legt überhaupt keinen Wert auf Groß – u. Kleinschreibung, wobei gerade dadurch die volle und ganze Aussichtslosigkeit und Monotonie, des ‚ewig Gleichen‘ der beiden teilweise schwer gestraften Mädchen heraus. Man muss sich wirklich erst einlesen, doch sobald man den Nerv des Romans entdeckt hat, stören nicht einmal mehr die dauernden Wiederholungen. Im Gegenteil sie intensivieren nur jene heftigen Gefühle die das schicksalhafte im Leben bringt und man wird gezwungen auf perverse Art und Weise gewissermaßen Spannerhaft die naiven ungebildeten Mädchen in ihrem Tun und Nicht Tun zu beobachten. – sozial Voyeurismus – Durch ihre Art, Dinge und Abläufe, bevor sie erst beschrieben hat, zu verurteilen und Schlüsse zu ziehen, bringt sie den Leser dazu, z.b. die Situation der Frau am Land von einer ganz anderen, verzerrten, Perspektive aus zu betrachten. Ihre Kritik richtet sich hier vor allem gegen die Männer-, bzw. die Klassengesellschaft. Wieso meint Brigitte z.b. sie ist nur mit Eheman etwas Wert? Aus welchem Grund wird Paula die Kraft genommen, auf eigenen Beinen zu stehen? Jelinek konzentriert sich hier auf die private Unterdrückung der Frau durch primitive, brutale und charakterlich niedrige Männer.
 
Thematik
 
  • Stellung der Frau in der Gesellschaft
     
  • Unterschied Mann-Frau
     
  • allgem. Vorurteile gegen Frauen (Reduzierung der Frau auf Körper und Fleisch)
     
  • Unterdrückung der Frau durch den Mann
     
  • Liebe, Sex
     
  • Arbeit, Zukunft
     
  • Prügelstrafe, Mißhandlung
     
  • Schwangerschaft, uneheliche Kinder
     

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