Die Novelle "Romeo und Julia auf dem Dorfe" von Gottfried Keller handelt von einem unsterblich verliebten, jungen Paar, das durch die Feindschaft der Eltern getrennt wird und schließlich als Ausweg den Selbstmord wählt.
In einem Dorf bricht ein Streit zwischen den Bauern Manz und Marti aus, der sie beide um einen Großteil ihres Besitzes und Ansehens bringt. Manz sucht einen Ausweg, indem er in die Stadt zieht. Aus diesem Grunde müssen sein Sohn Sali und Martis Tochter Vrenchen ihre Freundschaft aufgeben. Getrennt für eine lange Zeit leben die Kinder mit dem Hass und dem Niedergang beider Familien….
In dieser Textstelle kommt es nun zur ersten direkten Begegnung sowohl der Väter, als auch deren Kinder. Die ehemaligen Nachbarn treffen sich unverhofft an gegenüberliegenden Seiten eines Baches, an dem sie Fische fangen wollen. Sofort beschimpfen sich die Männer aufs Übelste, während Sali und Vrenchen sich überrascht und verwundert beobachten. Erst als bei einem ausbrechenden Gewitter ihre Väter sich auf einem Steg die Fäuste ins Gesicht schlagen, müssen Sohn und Tochter eingreifen, um die Feinde auseinander zubringen.
Manz und Martis Streit ist der Höhepunkt ihrer Feindschaft, die in dieser Situation zum ersten Mal offen und sogar handgreiflich ausgetragen wird. Der bis zu diesem Punkt entstandene Hass entlädt sich, als sich die Männer auf gegenüberliegenden Seiten des Baches erblicken.
Wie bereits im Text erwähnt wird, stellt das Fischen im Bach die niedrigste gesellschaftliche Stellung dar und zeigt die Verarmung Manz und Martis. Dass die ehemaligen Nachbarn nicht nur materiell, sondern auch geistig zu Grunde gegangen sind, wird in ihrer Ausdrucksweise und dem sprachlichen Stil des Streitgespräches deutlich. Beide wählen Tierbegriffe, um den Gegner zu beschimpfen, anstatt sich sachliche Vorwürfe zu machen. So zum Beispiel: ,,O du Hund!", ,,O du Kalb!" Auch der Autor wählt diesen stark abwertenden Vergleich, in dem er einen der beiden als "Tiger, der den Bach entlang springt," beschreibt. Die gegenüberliegenden Ufer des Baches symbolisieren einen letzten innerlichen Anstand und Respekt dem anderen gegenüber, den beide aber schließlich ganz aufgeben. Die Brücke führt die kampflustigen Fischer zusammen und sie geben sich mit der Rauferei völlig einem tierischen Verhalten hin.
Um die Gefühlslage der ehemaligen Bauern auszudrücken, aber hauptsächlich um die für den Leser sich entwickelnde Dramatik zu verdeutlichen, lässt der Autor zu Beginn des Konfliktes ein Gewitter ausbrechen. Der Autor beschreibt diesen Moment aus der Sicht des Bauern Marti, der vom Dorf an den Fluss gekommen ist. Durch dessen geschilderte Gedanken kann der Leser das anfängliche Beschimpfen und den aufkommenden Hass mit den Augen einer der Beteiligten betrachten und ist so dem Geschehen näher. Schließlich kehrt Keller zu seiner ursprünglichen Erzählweise zurück, der Perspektive eines Betrachters der Geschehnisse, dem Hintergründe und Ursachen bekannt sind.
Sali und Vrenchen sind zunächst unbeeindruckt vom Streit der Väter. Ihre Begegnung ist der Ursprung ihrer späteren Liebe. Am Ende der Textstelle deutet es sich bereits an, dass die beiden von nun an ihre Gedanken nicht mehr voneinander bringen können. Anders als bei den Bauern symbolisieren die Seiten des kleinen Flusses das fehlende Stück, um die Liebe zu begründen. Der Auslöser dieser Liebe ist der Moment, indem Salis und Vrenchens Hände sich berühren, ein Riss in der Wolkendecke ihr Gesicht erhellt und sie sich in die Augen blicken. Der Autor nahm wiederum eine Wettererscheinung zur Hilfe – weniger, um Sali den Blick in Vrenchens Gesicht zu ermöglichen, als viel mehr den Höhepunkt der Szene zu betonen. Ein weiteres sprachliches Symbol ist die Beschreibung dieses Momentes. "…ihre Kinder aber atmeten kaum und waren still wie der Tod, gaben sich aber […] schnell die Hände, welche vom Wasser und von den Fischen feucht und kühl waren." Dies deutet auf den weiteren Verlauf der Geschichte hin, indem die Kinder tatsächlich ein Ende in den Fluten eines Flusses finden. Die umfassten Hände, der Vergleich mit dem Tod und die vom Wasser kalten Händen beschreiben, wie sie später nach ihrem Selbstmord aufgefunden werden. Um dem Leser nachdrücklich den Eindruck zu übermitteln, dass die beiden von nun an nicht mehr voneinander lassen können, beschreibt der Autor den Abgang Salis aus dessen Perspektive. Dadurch werden seine Gefühle verständlicher und nachvollziehbarer.
Der Autor Gottfried Keller hat in dieser Szene die zwei wichtigsten Kernpunkte der Handlung beschrieben. Die Liebe Salis und Vrenchens beginnt und der Streit ihrer Väter Manz und Marti findet einen vorläufigen Höhepunkt. Symbolisch für den weiteren Verlauf können die Kinder nicht ihren Gefühlen nach gehen, da der Streit ihrer Väter sie trennt. Dies stellt das Thema der gesamten Novelle dar.

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