Heinrich Böll wurde am 21. Dezember 1917 in Köln geboren, und war nach dem Abitur Lehrling im Buchhandel. Danach absolvierte er das Studium der Germanistik. Im 2.Weltkrieg war er 6 Jahre Soldat.
Seit 1947 veröffentlichte er Erzählungen, Romane, Hör – und Fernsehspiele, Theaterstücke und war als Übersetzer tätig. 1972 erhielt Heinrich Böll den Nobelpreis für Literatur. Er starb am 16. Juli 1985 in Langenbroich/Eifel.
Werke:
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Ansichten eines Clowns
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Wanderer, kommst du nach Spa…
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Der Zug war pünktlich
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Billard um halbzehn
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Nicht nur zur Weihnachtszeit
In diesem Roman “Wo warst du, Adam?” beschreibt Böll einzelne Kriegsschicksale.
Es beginnt mit einem General ohne Orden, der aber die Macht über 333 mal 3 Mann besitzt, denen er nun ins Gesicht blickt. Die Soldaten fühlen etwas seltsames: Trauer, Mitleid, Angst und eine geheime Wut auf den Krieg. Der General steigt nun in seinen Wagen und fährt nach Westen, dorthin wo keine Front ist. Dann marschieren 111 mal 3 Mann in einen anderen Stadtteil, wo sie sich wieder im Karree aufstellen. Sie müssen still stehen, als der Oberst an ihnen vorbei geht. Er begrüßt die Soldaten und meint, daß sie die Schlappohren in die Steppe zurückjagen müssen, und die Soldaten erwidern mit “Jawohl”. Doch ihre Stimmen sind müde, heiser und gleichgültig. Der Oberst nennt sie “Mistbande” und geht mit schnellen Schritten nach hinten weg. 35 mal 3 Mann gehen unter der Führung des Oberleutnants durch die Vorstadt. Der Oberleutnant betritt das Haus um sofort wieder herauszustürmen und er sagt zu den Leuten, daß sie nicht viel Zeit haben. Als sie weitergehen sind sie nur mehr 8 mal 3 Mann, die durch die Maisfelder zurück bis zu den häßlichen Mietskasernen marschieren. Ein Oberleutnant kommt aus dem Haus und berichtet ihnen, daß sie in einer Viertelstunde aufbrechen müßten. Dann rücken sie vorwärts, ins Dunkle hinein.
Neben ihm liegt ein gewisser Oberst Bressen. Der Divisionsarzt Kleewitz versucht ihn wieder zu Bewußtsein zu bringen. Aber als er die Augen öffnet, sieht er Kleewitz nicht an, denn er betrachtet das Bild mit der Schafherde. Er denkt an vergangene Zeiten, als noch Frieden war, und er noch ein geregeltes Leben führte. Er schreit nach Sekt und einer kleinen Frau, worauf ihn der Arzt für verrückt erklärt, weil es nichts mit der Verletzung zu tun haben kann. Daraufhin wird er auf die Bahre gehoben und hinaus zum Wagen getragen.
Leseprobe: S.45
Erst geschah nichts. Die Explosion war ungeheuerlich laut in dieser Stille. Die Russen wußten nur, daß das Geschoß nicht von ihnen war und daß der Mann mit der Fahne plötzlich in einer Staubwolke verschwunden war. Kurz darauf knallten sie wie irrsinnig auf das Haus. Sie schwenkten ihre Rohre, staffelten sich neu zum Schießen, schossen erst in den Südflügel, dann ins Mittelgebäude und in den Nordflügel, wo die winzige Fahne des Hausmeisters schlaff aus dem Fenster hing. Sie fiel in den Dreck, der vom Haus herunterbröckelte – und zuletzt schossen sie wieder in den Südflügel, besonders lange und wütend; sie hatten lange nicht geschossen, und sie sägten die dünne Wand des Hauses durch, bis das Gebäude vornüberkippte. Erst später merkten sie, daß von der anderen Seite kein einziger Schuß fiel.
In Szokarhely steht mitten auf dem Markt eine Schiffschaukel. Greck sieht diese und empfindet das Bedürfnis sich einmal im Leben daraufzusetzen und zu vergnügen. Er klopft an eine Wohnwagentür und ein Mann mit nacktem Oberkörper erscheint. Dieser ist blond, unrasiert und breitknochig. Er fragt, was denn los sei. Darauf antwortet Greck, daß er nur schaukeln möchte. Nun gehen sie gemeinsam zur Schaukel und Greck sitzt sich darauf und beginnt langsam zu schaukeln. Immer höher und höher und Greck kann einmal in seinem Leben richtig frei sein. Doch es dauert nicht lange und der fremde Mann stoppt die Schaukel, und läßt sich von ihm einen großen Geldschein geben. Greck verabschiedet sich mit “Heil Hitler!”. Erst jetzt erinnert er sich, daß er ja ins Lazarett zurück gehen muß. Er macht sich auf dem Weg, und zwischendurch denkt er an seine Vergangenheit. Er ist jetzt 33 Jahre alt und war schon mit 16 magerkrank gewesen. Zum Glück war sein Vater Arzt, und zwar der einzige in der Stadt. Deswegen hatten sie immer genug Geld. 1931 machte er das Abitur und promovierte an der Marburger Universität. Aber es genügte ihm nicht Doktor der Rechte zu sein, weil er als Fahnenjunkerfeldwebel in den Krieg ziehen mußte. Als er im Lazarett ankommt, erfährt er, daß sein Freund Wesendonk ein Bein verlieren wird. Darauf wird ihm schlecht und er übergibt sich.
Feinhals öffnet die Tür, auf der “Krankensammelstelle Szentgyörgy” steht. Er geht hinein und steigt die Treppe der umfunktionierten Schule hinauf. dort trifft er die Lehrerin Ilona Kartök. Schon vom ersten Augenblick an ist er in sie verliebt. Doch diese Liebe wird keine Zukunft haben, denn sie stammt aus einer jüdischen Familie. Am nächsten Tag schenkt er ihr einen Kuchen, den sie zu ihrer Familie ins Ghetto bringt. Er wartet in einem Gasthaus auf sie, aber sie wird nie mehr zurückkommen.
Leseprobe: S. 103
Sancta Trinitas – Katholische Juden? dachte er – ich werde wahnsinnig. Er rannte ans Fenster und riß es auf: draußen standen sie und hörten zu, keiner rührte sich. Filskeit spürt, daß er zuckte, er versuchte zu schreien, aber aus seinem Hals kam nur ein heiseres tonloses Fauchen, und von draußen kam diese atemlose Stille, während die Frau weitersang:
Sancta Dei Genitrix… er nahm mit zitternden Fingern seine Pistole, wandte sich um, schoß blindlings auf die Frau, die stürzte und zu schreien anfing – jetzt fand er seine Stimme wieder, nachdem die ihre nicht mehr sang. “Umlegen”, schrie er, “alle umlegen, verflucht – auch den Chor – raus mit ihm – raus aus der Baracke -”, er schoß sein ganzes Magazin leer auf die Frau, die am Boden lag und unter Qualen ihre Angst erbrach…
Draußen fing die Metzelei an.
Frau Susan beobachtet jetzt schon 3 Jahre lang den Krieg. Hin und wieder kommt ein deutscher Militärlastwagen, der über die Brücke bei Szarny fährt. Ein halbes Jahr, nachdem der Krieg an ihr vorbei ins Gebirge zog, wird die Brücke, die hinter ihrem Gasthaus steht, gesprengt. Noch am Morgen kommt ein deutscher Offizier mit 5 Soldaten, die ihr Haus und den ganzen Ort durchsuchen. Die Deutschen sind sehr wütend, aber sie haben nichts gefunden. Sie findet es lächerlich und sinnlos die Brücke zu sprengen. Eines Tages kommen müde Soldaten und ein Feldwebel zu ihr. Sie muß sie gegen Bezahlung bei ihr unterbringen. Die Soldaten sind die Besten Kunden, die sie je gehabt hat. Diese acht verzehren mehr im Monat als alle Leute zusammen, die einzeln über die Brücke gehen. Die Soldaten haben sehr viel Geld und Zeit. Scheinbar haben sie nicht mehr zu tun als den Weg am Ufer abzugehen und mit dem Fernglas die Gegend zu beobachten.
Leseprobe: S.141
Die weiße Fahne am Haus seines Vater war die einzige in der ganzen Straße, und er sah jetzt, daß sie sehr groß war – es schien eins von Mutter riesigen Tischtüchern zu sein, die sie bei Festlichkeiten aus dem Schrank holte. Er lächelte wieder, warf sich aber plötzlich hin und wußte, daß es zu spät war. Sinnlos, dachte er, wie vollkommen sinnlos. Die sechste Granate schlug in den Giebel seines Elternhauses – Steine fielen herunter, Putz bröckelte auf die Straße, und er hörte unter dem Keller seine Mutter schreien. Er kroch schnell ans Haus heran, hörte den Abschuß der siebenten Granate und schrie schon, bevor sie einschlug, er schrie sehr laut, einige Sekunden lang, und er wußte plötzlich, daß Sterben nicht das einfachste war – er schrie laut, bis die Granate ihn traf, und er rollte im Tod auf die Schwelle des Hauses. Die Fahnenstange war zerbrochen, das weiße Tuch fiel über ihn.
Zum Werk:
In seinem frühen Roman schildert Heinrich Böll den Krieg als eine Krankheit. Es ist daher nur folgerichtig, daß er nicht die Mechanismen einer Schlacht beschreiben wollte, sondern den einzelnen Menschen in den Vordergrund stellt. Er zeichnet seine Gestalten, Landser und Generäle, SS-Führer und gehetzte Juden, Frauen und Mädchen im Hinterland, ohne zu verzerren oder zu idealisieren. Die Geschichte des Wachkommandos bei einer Brücke, die von den Partisanen gesprengt und von den Deutschen wieder aufgebaut wird, um gleich wieder vor den anrückenden Russen gesprengt zu werden, macht die organisierte Sinnlosigkeit des Krieges deutlicher als jedes grausige Schlachtenpanorama.