Autor
Monika Eva Maron wurde am 3. Juni 1941 in Berlin geboren. Nach dem Abitur arbeitete sie ein Jahr lang als Fräserin in einem Industriebetrieb und dann als Regieassistentin beim Fernsehen, ehe sie in Berlin (Ost) Theaterwissenschaften und Kunstgeschichte studierte. Später arbeitete sie als wissenschaftliche Aspirantin an der Schauspielschule in Berlin. Von dort wechselte sie zunächst in den Journalismus bevor sie sich 1976 ganz der Schriftstellerei verschrieb.
1981 veröffentlichte sie ihren ersten Roman "Flugasche", in dem sie u. a. Erfahrungen als Industriereporterin im Chemierevier der DDR verarbeitete. "Flugasche" war das erste "Umwelt-Buch" der DDR, in dem offen die Umweltsünden beklagt und angeprangert wurden. Wegen des kritischen Inhalts konnte das Buch, das Maron weithin große Anerkennung eintrug, in der DDR nicht erscheinen.
Zusammenfassung des Inhaltes
Josefa Nadler ist 30 Jahre alt, Mutter und Journalistin bei der Illustrierte Woche. Im Auftrag des Tagblattes fährt Josefa nach B. um einen Bericht über diese Stadt zu schreiben. Dort angekommen ist sie schockiert über die vorhandenen Missstände. Die zu alten Kraftwerke sind immer noch in Betrieb und vergiften die Umwelt. Arbeiter müssen zu Hungerslöhnen und unter einfachsten Arbeitsbedingungen schuften und was Josefa am Meisten ärgert ist, dass alle die Augen davor verschliessen. Nach einem Gespräch mit dem Arbeiter Hordriwitzka rät Josefa diesem, sich zu wehren. Ihr Vorschlag ist es, dem Minister einen Brief über die Missstände und über die Forderungen eines neuen Kraftwerkes zu schrieben.
Wieder zu Hause besucht Josefa ihren Freund Christian. Durch ihn kommt sie zur Idee, zwei Varianten eines Berichtes über B. zu schreiben. Eine mit der Wahrheit und eine so, dass die Zeitung sie drucken kann, das heisst verschönert und zensuriert. Als sie den Bericht über die Wahrheit beendet hat, weiss sie, dass sie nicht mehr fähig ist, etwas anderes zu schreiben.
In der nächsten Abteilungssitzung wird besprochen, ob der Artikel von Josefa gedruckt werden soll. Jedoch sprechen sich alle gegen ein Erscheinen des Artikels aus, ausser der Sekretärin Luise. Luise hatte den Faschismus miterlebt und unterstützt Josefa bei dem versuch, die Wahrheit zu schreiben. Jedoch fühlt sich der Abteilungsleiter dazu verpflichtet die Partei zu informieren, da Luise und Josefa nicht gewillt sind den Text zu ändern.
Als Josefa ein zweites Mal nach B. geht, erfährt sie, dass der Heizer Hodriwitzka an einem Verkehrsunfall gestorben ist.
Am Tag der Parteiversammlung beschliesst Josefa, das unverschämteste in ihrer Situation zu tun und somit der Sitzung fern zu bleiben. Wie erwartet spricht sich die Mehrheit der Mitglieder gegen das Drucken des Textes aus. Wenig später lädt der zuständige Genosse Josefa ein, mit ihm über ihren Artikel zu diskutieren, doch auch dieses Gespräch endet ohne weitere Fortschritte. Durch einen Vorfall beschliesst Josefa dem Minister und somit dem Höchsten Rat selbst einen Brief über die Missstände in B. zu schreibe. Als Tage später der Leiter des Büros für Bürgerbeschwerden beim Höchsten Rat Josefas Vorgesetzten anruft, um diesen über Josefas Verhalten aufzuklären, beschliesst ihr Vorgesetzter an der nächsten Parteiversammlung dieses „unakzeptable Verhalten der Josefa Nadler“ als einziger Traktandenpunkt zu diskutieren. Erst durch Christians Zureden kann sich Josefa überwinden, an dieser Versammlung teil zu nehmen. Obwohl sie weiss, dass es ihr Job kosten könnte ergreift Josefa während der gesamten Versammlung nie das Wort. Für Josefa ist es unmöglich so zu tun als würde sie Reue zeigen, da sie den Brief nicht wie alle andern als Fehler ansieht. Durch all diese Ereignisse zieht sich Josefa immer mehr aus dem Leben zurück, lebt in ihren eigenen Gedanken und klammert sich am einzigen fest, was ihr bleibt, an ihrer Beziehung mit Christian.
Erst als Josefa schriftlich eingeladen wird, ihr Verhalten vor der Parteileitung zu diskutieren, realisiert Josefa, dass sie auch ohne ihre Arbeit als Journalistin glücklich sein könnte. Diese Überlegenheit jederzeit kündigen zu können ermutigt Josefa ein Scheinfriede mit ihrem Vorgesetzten zu schliessen und heimlich die Wahrheit für sich zu schreiben.
Durch einen Traum realisiert Josefa, dass ihre Beziehung zu Christian nur auf der sexuellen Ebene basiert und dass sie sich von ihm aufgenutzt fühlt. Die beiden leben sich auseinander, bis es zu einer schmerzlosen Trennung kommt.
Als am folgenden Tag die Sitzung der Parteileitung stattfinden sollte, entscheidet sich Josefa ihren Job zu kündigen. Zur gleichen Zeit als die Genossen der Illustrierten Woche sich einigen, es sei zu prüfen ob Josefa noch würdig sei, Mitglied ihrer Partei zu sein, beschliesst der Höchste Rat wegen Berücksichtigung der Gesundheit der Bürger von B. das alte Kraftwerk still zu legen.
Über Josefa:
Durch das gesamte Buch hindurch werden die Gefühle und Gedanken von Josefa als eines der zentralen Themen miteinbezogen. Es geht um die Selbstverwirklichungsversuche einer sehr speziellen Frau. Zu Beginn des Buches ist es wirklich der ökologische Grund, den sie bewegt, die Wahrheit über B. zu schreibe. Im Laufe des Romans wird jedoch immer mehr klar, dass es viel mehr um die Identifikation des Problems mit ihr selbst geht. Sie will, dass man sie beachtet und akzeptiert, so wie sie ist. Und da sie mit dem Staat und der Regierung nicht einverstanden ist, Versucht sie ihre Ungeduld, die Welt besser zu machen an Hand dieses Artikels zu verwirklichen.
Josefa wird schon ihr ganzes Leben verfolgt von einer riesigen Angst, die sie sich selbst zu verdanken hat. Ihre grösste Angst ist die, dass sie ihr ganzes Leben verpasst. Sie hat Angst, dass sie nie das tun kann, was sie möchte, weil es ihr verboten wird. Ihre Angst fliesst natürlich in jede Beziehung mit ein. So hat sie Angst vor einer festen Bindung und Angst vor Verantwortung. Vor dem Tod hingegen hat sie keine Angst. Der Tod stellt für Josefa ein Moment der Ruhe dar, nachdem sie sich oft sehnt.
Ebenso spürt Josefa nur sehr selten das Gefühl der Freude und des Lebens. Wenn sie einmal ein Positives Gefühl erlebt hat, rechnet sie dem so grossen Wert an, dass es nie mehr möglich sein wird, ein zweites Mal dieses Gefühl zu erleben. Josefa ist nur fähig das Leben zu spüren im Angesicht des Todes, nur Wärme zu fühlen, wenn sie Leute frieren sieht u.s.w.
Für Josefa ist klar, dass sie nicht so sein will wie alle andern, dass sie sich nicht von der Partei unterkriegen lassen will. Somit ist die Verrücktheit ihres Grossvaters zum Beispiel eine zu erstrebende Eigenschaft, mit der sie sich auch identifiziert. Was sie überhaupt nicht will, ist sein wie alle andern. Jedoch erarbeitet sie sich durch ihre vielen Gedanken über sich eine eigene Welt, in der nur sie platz hat. Dies ist einer der Gründe, weshalb sie von ihren Kollegen und sogar von Christian nicht verstanden wird.
Dadurch, dass Josefa noch nicht erkennen konnte, wer sie ist und was sie will, ist sie auch nicht fähig nach noch jemanden ausser ihr selbst zu schauen. Ich denke, Josefa ist sogar unfähig eine Beziehung zu haben und Vertrauen in dieser aufzubauen. Ebenso ist sich der Verantwortung, die sie führ ihr Kind hat überhaupt nicht bewusst. Gegenüber ihrem Kind zeigt Josefa während des ganzen Buches keinerlei Emotionen oder Zuneigung. Es geht so weit, dass sie ihn nicht einmal beim Namen nennt sondern ihm nur „der Junge“ sagt.
formale Besonderheiten
Das Buch ist in zwei Teile gegliedert. Im Ersten Teil steht Die eigentliche Geschichte im Vordergrund. Im zweiten Teil ist es hingegen viel mehr die Protagonistin Josefa. Ihre Gedanken, ihre Träume und ihr Leben stehen im Mittelpunkt.
Die Erzählperspektive ändert sich ende des ersten Teiles. Zu Beginn wird aus der ich-perspektive geschrieben. Erst später ändert sich dies in eine auktorale Erzählperspektive. Monika Maron sagte in einem Interview, dass sie vor dem Schreiben dieses Buches sich nicht gross Gedanken gemacht habe. sie habe einfach darauf los geschrieben. Somit kann ich darin interpretieren, dass Monika Maron in diesem Buch ihre eigenen Erfahrungen als Industriereporterin im Chemierevier verarbeitete. zu Beginn des Buches ist es also gut möglich, dass Frau Maron über ihr eigenes Leben geschrieben hat. Dies wird durch einige Fakten wie zum Beispiel den Namen ihres Grossvaters gezeigt. Dass der Ort, über den Josefa einen Artikel schreibt nie ausgeschrieben wird, sondern bloss als B. abgekürzt wird ist vielleicht so gewählt um das Buch etwas allgemeiner zu machen. Denn den Ort, den sie besucht hat ist sicher nicht der einzige. In ganz Deutschland gab es solche Orte.
Der Perspektivenwechsel war so vielleicht ein Versuch der Schriftstellerin von ihrer Hauptdarstellerin Abstand zu gewinnen. Erzählertechnisch zeigen sich nun neue Möglichkeiten Josefas Taten und Gedanken zu kommentieren und zu relativieren. Eine weitere Formale Besonderheit zeigt sich bei der Trennung von Josefa und Christian. Alle Wörter, die in direkter Rede gesprochen werden und mit der Trennung in Unmittelbarem Zusammenhang stehen werden aneinander geschrieben ohne Leerräumen zwischen den Wörtern. Dies wurde vielleicht so gewählt, um die Verkrampftheit und Gefangenheit in ihrer Beziehung zu zeigen.
Historischer Hintergrund
Die Umweltproblematik des Buches Handelt von den Kohlekraftwerken. Kohlekraftwerke sind Energie- und somit Stromerzeuger. Es wurde Braunkohle genutzt, da diese in ausreichenden Mengen in der damaligen DDR vorhanden war. Andere Energieträger waren nur begrenzt vorhanden. Da der DDR für den Import von Erdöl kein Bargeld vorhanden war, wurde die gesamte organische Chemie auf Braunkohlebasis aufgebaut. Dies führte zu erheblichen Umweltbelastungen. Innerhalb von 40 Jahren wurde durch den Braunkohleabbau eine Fläche von rund 101’000 Hektaren Land zerstört.
Es ist eine Dampfkraftanlage. Fein gemahlene Kohle wird erhitzt und die heisse Luft wird durch einige Vorgänge genutzt um Turbinen in Drehung zu versetzen. Das Rauchgas, das den Schornstein verlässt enthält grosse Mengen an CO2, Schwefeloxid, staub und Stickoxiden, welche die Umwelt erheblich belasten
Von 1949 bis 1989 war die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED), eine Partei der Arbeiterklasse, die herrschende Staatspartei der DDR. Die SED war nach so aufgebaut, dass die Parteimitglieder von untern nach obern gewählt werden konnten, nach dem Grundsatz der Demokratie. Jedoch verlief der tatsächliche Entscheidungsweg genau in der Gegenrichtung, also von oben nach unten. Die Parteimitgliedschaft war sozusagen Voraussetzung für jede höhere Karriere und somit funktionierte ihr System des von untern nach oben nicht nach ihren Prinzipien. Jedes Mitglied gehörte einer Grundorganisation an, in der Regel der seines Arbeitbetriebes. Über der Grundorganisation standen Bezirksorganisationen und das höchste war der Parteitag. Um in der SED aufgenommen zu werden musste man zuerst ein Jahr „Probezeit“ durchmachen und dann konnte man durch die Beurteilung durch die zuständige Bezirksorganisation aufgenommen werden.
zentrale Themen
Missstände in ökologischer und humaner Hinsicht zur Zeit der DDR
Beziehungen
Verwirklichung eigener Ideen
Falschheit der Medien