Paulo Coelho wird 1947 in eine gutbürgerliche brasilianische Familie hineingeboren, sein Vater Pedro ist Ingenieur, seine Mutter Lygia Hausfrau.
Inhalt:
Der Roman beginnt mit Veronikas missglückten Selbstmordversuch durch eine Überdosis Schlaftabletten. Sie wacht schließlich im berüchtigten Irrenhaus „Villete“ auf. Es wird ihr erklärt, dass sie aufgrund der viele Schlaftabletten einen Herzfehler hätte und nicht mehr lange zu leben hätte. Dieses Wartet auf den Tod erscheint Veronika noch schrecklicher als Selbstmord und so macht sie sich auf die Suche nach tödlichen Medikamenten. Dabei macht Veronika in den folgenden Tagen die Bekanntschaft verschiedener Patienten, durch deren Erfahrungen sie allmählich sich selbst zu erkennen lernt und zunehmend wieder Lebenswillen schöpft. Ihr Schicksal des bevorstehenden Todes und ihre daraus erweckte Lebensenergie regen auch die anderen Patienten dazu an, über ihr Leben nachzudenken, und wecken in Manchen sogar den Wunsch, die Anstalt zu verlassen. Außerdem verliebt sich Veronika kurz vor ihrem vorausgesagten Tod in den Schizophrenen Eduard, mit dem sie gemeinsam aus „Villete“ flieht und ihren Lebensabend verbringt. Doch auch am nächsten Tag lebt Veronika immer noch. Es stellt sich heraus, dass der Heimleiter Dr. Igor bei Veronika durch regelmäßige Spritzen Herzanfälle hervorrief, um sie an den drohenden Tod glauben zu lassen. Er erhoffte sich davon, einen Beleg für seine eigenen Studien über Geisteskrankheiten zu erhalten, welche von der Idee eines Gifts ausgehen, dem er den Namen „Vitriol“ gab und das nur mit dem Bewusstsein des Lebens (hervorgerufen durch Bewusstsein des Todes) bekämpft werden könne.
Personen:
Veronika ist die Protagonistin des Romans. Sie entscheidet sich, Selbstmord zu begehen, weil sie ihr Leben zu eintönig findet und befürchtet, mit zunehmendem Alter würde sich nichts ändern, außer dass sie mehr Leid ertragen müsse. Hinzu kommt ein Gefühl von Ohnmacht, das sie auf Grund des Leids auf der Welt empfand. Als Kind war Veronika eine begeisterte Klavierspielerin. Sie wünschte sich eine Karriere als Pianistin, doch ihre Eltern fanden das zu riskant und drängten sie zu einem Studium. Sie schaffte ihr Diplom, nahm aber eine schlecht bezahlte, dafür sichere Stelle in einer Bibliothek an. Bis zur Einlieferung in „Villete“ lebte Veronika in einem gemieteten Zimmer eines Klosters, da ihr die strengen Ausgangszeiten als Vorwand dienten, sich frühzeitig von ihren Liebhabern zu verabschieden. Männer hatte Veronika zwar einige, aber scheute stets tiefer gehende Beziehungen, da sie sich viele Gefühle nicht eingestehen konnte. Ihre Unternehmungen mit Freunden und die Abende in Bars und darauf folgend den Betten ihrer Liebhaber wurden somit zur Routine, die sie glaubte, nicht anders durchbrechen zu können als durch Selbstmord.
Dr. Igor:
Er ist der Vorstand er Irrenanstalt Villete. Er weiß, dass nicht alle in seiner Anstalt verrückt sind- soweit man überhaupt sagen konnte, dass die anderen normal seien- doch er lässt ihnen die Freiheit hier zu bleiben, damit sie so sein konnten, wie sie wollen. Es gab keine Regeln und keiner wurde für sein Verhalten verurteilt.
Zedka:
In „Villete“ trifft Veronika als erstes auf Zedka. Zedka erklärt Veronika, dass Verrücktheit prinzipiell keine Krankheit sei und sie lohnenswert sein könne. Für ihre Zeit nach Villete wünscht sich Zedka, auch weiterhin verrückt zu bleiben, allein ihre Depressionen wünscht sie sich nicht wieder. Ihre Depressionen hatten sie in die Klinik gebracht und ihr scheinbar geregeltes Leben aus der Bahn geworfen. In ihrer Jugend verliebte sie sich in einen verheirateten Amerikaner, reiste ihm nach und ließ sich auf eine Affäre ein. Als der Kontakt abbrach, durchlebte sie ihr erstes großes Stimmungstief. Mit der Zeit kam sie darüber hinweg, fand Arbeit und heiratete. Doch eines Tages nahm sie die Statue des Dichters Prešeren wahr und fand ihren Kampf um die Liebe des Amerikaners in seinen Werken wieder, die er einer ebenfalls hoffnungslosen Liebe gewidmet hatte. Es folgte der unmögliche Versuch, ihre erste und einzig große Liebe wieder zu finden. Ihr Liebeskummer war noch schlimmer als der erste und schließlich erlitt sie einen Nervenzusammenbruch. Bald darauf wurde sie nach „Villete“ gebracht.
Eduard:
Am ausführlichsten wird die Geschichte Eduards erzählt. Er wurde wegen Schizophrenie eingeliefert und war außer für Mari für niemanden erreichbar, da er sich in seine eigene Welt zurückzog. Erst Veronika schafft es, ihn mit ihrer Musik zu erreichen und sie verlieben sich ineinander. Kurz vor Veronikas vermeintlichem Tod erzählt Eduard von seiner Jugend als Diplomatensohn in Brasilien, wo er dem nüchternen Leben der Politikerstadt Brasília nichts abgewinnen kann. Er zieht sich zurück, bis er ein Mädchen kennen lernt, das ihn mit Okkultismus in Berührung bringt. Nach einem schweren Fahrradunfall kommt er über das Buch eines Krankenpflegers auf die Idee, zu einem Heiligen zu werden, der seine Visionen vom Paradies der Menschheit mitteilt, und möchte daraufhin das Malen lernen. Als er aus dem Krankenhaus entlassen wird, schreibt er sich in einen Malkurs ein und kommt mit Künstlern zusammen. Seine Eltern machen ihm deutlich, dass sie für ihn eine Diplomatenkarriere vorgesehen haben und er im Namen ihrer Liebe die Malerei sein lassen soll. In der Zwickmühle zwischen Malerei und Elternliebe fängt Eduard an, sich aus der Realität zurückzuziehen. Die Ärzte diagnostizieren Schizophrenie, deren Ursache sie im Fahrradunfall vermuten. Als sein Vater wegen des Krieges in Jugoslawien als Botschafter zurückbeordert wird, sehen seine Eltern sich gezwungen, ihn nach „Villete“ zu bringen.
Mari:
Zedka erzählt von einer Gruppe in „Villete“, die sich „Die Bruderschaft“ nennt. Es sind Patienten, die bereits geheilt sind, aber aus ökonomischen Gründen noch geduldet werden. Sie schätzen die Freiheit, sich in der Anstalt verhalten zu können, wie sie wollen, ohne verurteilt zu werden, da sie ja schließlich verrückt seien. Eine von ihnen ist Mari. Sie wurde wegen Panikattacken eingeliefert. Ihren ersten Anfall hatte sie im Kino, darauf folgten immer häufiger stärkere und längere Anfälle. Ihr Partner der Anwaltskanzlei empfiehlt ihr sich in „Villete“ einweisen zu lassen. Um ihre Familie zu entlassen folgt sie diesem Rat, doch kaum war sie in dieser Anstalt eingeliefert worden, lies ihr Mann nach „Vilette“ seine Scheidungspapiere schicken und ihr Arbeitskollege lies ihr mitteilen, dass sie durch wen anderen ersetzt werden würde.
Hintergründe:
Paulo Coelho verwendet neben den Datumsangaben (11.11.1997- 18.2.1198) und dem Schauplatz (Slowenien) weitere Realitätsbezüge. Zum einen erwähnt er Schauplätze in Ljubljana oder den slowenischen Dichter Prešeren, zum anderen findet der Roman vor dem Hintergrund der Konflikte nach der Teilung Jugoslawiens statt. Es finden sich einige Verflechtungen der Charaktere mit den Folgen der Unabhängigkeitserklärung Sloweniens und der Krisen in den Nachbarländern. Das ganze Buch erweckt den Eindruck einer wahren Geschichte und Coelho scheut sich nicht einen Selbstbezug herzustellen. Tatsächlich verarbeitet Paulo Coelho nach eigenen Angaben seine Erfahrungen, drei mal von seinen Eltern in eine psychiatrische Klinik gebracht worden zu sein, weil sie seinen Wunsch, Künstler zu sein, nicht anerkannten. Dies ähnelt der Geschichte des Schizophrenen Eduard, welche dadurch einen besonders autobiographischen Zug erhält.
Quellen:
- Paulo Coelho – Veronika beschließt zu sterben, Diogenes Verlag