Autor:
Wolfgang Borchert (1921-1947)

Entstehungszeit:
1947

Textsorte:
Drama

Literarische Richtung:
Deutsche Nachkriegsliteratur von 1945-1949

Weitere Werke:

  • Die Hundeblume
  • An diesem Dienstag
Biografie:
geboren am 20.5.1921 in Hamburg Vater Lehrer, Mutter Schriftstellerin tritt 1938 nach Abschluss der 7. Klasse der Realschule eine Buchhändlerlehre an, nimmt aber privat Schauspielunterricht besteht 1941 die Schauspielprüfung; Engagement an der Landesbühne Osthannover wird 1941 eingezogen: Einsatz an der Ostfront mehrmals vor dem Kriegsgericht: * 1941 wegen einiger Briefe "staatsgefährdenden Inhalts": 8 Monate Haft * 1944 wegen "Zersetzung der Wehrkraft"(Goebbelsparodie): 9 Monate Haft kommt 1945 in französische Kriegsgefangenschaft, kann aber fliehen. beginnt im Alter von 24 Jahren zu schreiben; bis zu seinem Tod 2 Jahre später entstehen Prosastücke, Gedichte und das Hörspiel Draußen vor der Tür am 20.11.1947 stirbt Wolfgang Borchert in Basel, geschwächt durch Krieg, Gefangenschaft und Hunger, an einer Leberkrankheit, an der er schon seit Jahren leidet.

Inhalt:
Beckmann, die Hauptfigur, kehrt mit steifem Knie und Gasmaskenbrille vom Krieg heim. Von seiner Frau verlassen, heimatlos, vom Krieg und Gefangenschaft aller Kraft und Hoffnungen beraubt, beschließt er, seinem Leben ein Ende zu setzen. Doch die Elbe, in die er sich stürzt, wirft ihn unwillig wieder ans Ufer zurück. Unversehens sieht sich Beckmann um die erträumte ewige Ruhe gebracht und in eine Wirklichkeit geworfen, die jeden Sinn für ihn und er für Sie verloren hat. Nochmals sieht er sich gezwungen, im Leben Fuß fassen zu müssen, aber alle seine Versuche schlagen fehl. Als er am Ufer erwacht, begegnet er zum ersten Mal dem Anderen und erzählt ihm seine Geschichte: seine Gefangenschaft in Russland, die Heirat seiner Frau mit einem anderen Mann und der Tod seines Kindes in den Trümmern von Berlin. Nun taucht eine junge Frau auf, nimmt ihn voller Mitleid mit nach Hause und schenkt ihm die Kleider ihres verschollenen Mannes. Als Beckmann erfährt, dass dieser Mann in Stalingrad vermisst sei, hält er es in diesem Zeug nicht mehr aus. Der Verschollene kehrt einbeinig und auf Krücken zurück.

 
Beckmann flieht, und der Andere rät dem Einsamen und Hilflosen, seinen ehemaligen Oberst aufzusuchen und ihm die Verantwortung zurückzugeben, die ihn jener im Krieg für einen Spähtrupp aufgeladen hatte. Beckmann fühlt sich auch für die Toten verantwortlich und kann deswegen nicht mehr schlafen. Zuerst verunsichert, lacht der Oberst Beckmann schließlich aus, er sei ein Komiker und solle sich im Theater melden. Die nächste Szene zeigt, wie der betrunkene Beckmann einen Kabarettdirektor aufsucht, bei dem er mit traurigen Bänkelliedern über die Leiden des Krieges um Arbeit bittet. Dieser schickt Beckmann weg, denn keiner will etwas von der Wahrheit wissen. Nochmals überredet ihn der Andere, nicht in die Elbe zu springen, sondern seine Eltern zu suchen. Vor seinem Geburtshaus erfährt er von einer Frau Kramer, dass sich die beiden Alten das Leben genommen haben. Seine letzte Hoffnung ist zusammengebrochen, es gibt für ihn auch keine Rückkehr in die Alltagswelt seines bürgerlichen Elternhauses und die Geborgenheit seiner Kindheit. Beckmann gibt endgültig auf. Sein Weg führt ihn wieder zur Elbe.
 
Sein anderes "Ich" – das lebensbejahende und optimistische Ego – versucht vergebens, ihn zur Umkehr zu bewegen. In einem weiteren Traum ziehen an Beckmann die Gestalten vorbei, denen er seit der Heimkehr in seine Vaterstadt begegnet ist: der alte Mann bzw. Gott, der Straßenkehrer, der Tod, den er bittet, eine Tür für ihn offen zu halten. Auch seine "Mörder" erscheinen ihm nochmals: der Oberst, der Direktor, Frau Kramer, seine Frau mit ihrem neuen Mann. Am Schluss des Dramas trifft Beckmann nochmals auf den Einbeinigen. Dieser spricht ihn schuldig an seinem Selbstmord. Tragischerweise wurde Beckmann ohne sein Wissen und Wollen zum Mörder. Er kann der gegebenen Situation nicht entfliehen: Wo er hinkommt, wird er mit Schuld und Tod konfrontiert. Die Kontrolle über sein eigenes Leben ist ihm verlorengegangen. Als er aus dem Traum erwacht, muss er erkennen, dass er kein Recht auf Selbstmord hat, er ist zum Leben verdammt, verraten wie er ist.

Form des Stücks:
Szenendrama, der rote Faden ist die alleinige Hauptperson der Kriegsheimkehrer Beckmann
Das Drama besteht aus fünf Szenen, denen ein einleitender Text, das "Vorspiel" und der "Traum" vorangestellt sind. Beckmann durchläuft die Stationen des Dramas ohne eine Weiterentwicklung. Der Hoffnungslosigkeit zu Beginn steht die Hoffnungslosigkeit am Ende gegenüber.

 
Die Handlung spielt auf drei verschiedenen Ebenen, die zum Teil ineinander übergreifen. :
Die erste Ebene verkörpert die Wirklichkeit. Beckmanns Gang von Tür zu Tür gliedert den Ablauf. Der zweiten Ebene sind die beiden Träume und die Anklage seiner toten Kriegskameraden zuzuordnen. Die Traumszenen spiegeln die Bedrückungen wider, unter deren Last Beckmann leidet: die schwere Verantwortung der Lebenden für die Toten und die jähe, erschreckende Erkenntnis, dass "alle Menschen", auch er selbst, Mörder sind. Dritte Ebene: Gott und der Tod haben eine gesonderte Stellung, außerhalb der bereits genannten Ebenen, weil sie unabhängig von der Realität und den Träumen stehen.
 
Borchert arbeitet mit:
  • immer wiederkehrenden Motiven: die zugeschlagene Tür, das Schreien Beckmanns,…
  • sinnlichen Ausdrücken: "ihr blutiges Gestöhn stinkt bis zum weißen Mond",…
  • Umgangssprache
  • einfachen Metaphern, um Großes zu sagen: "Als Eintrittsgeld musste er mit seiner Kniescheibe zahlen"
Draußen vor der Tür – Tragödie oder Tragikomödie?
Das Thema des Stückes, das Schicksal Beckmanns, ist tragisch Die beißende Ironie Borcherts vermittelt jedoch von Zeit zu Zeit den Anschein des Komischen Auch die Hauptfigur Beckmann wirkt durch seine Widersprüchlichkeit komisch
Die letzte Szene – geprägt nicht von Ironie, sondern von bösem Sarkasmus – lastet mit der Endfrage"Gibt denn keiner Antwort?" durch den Kontrast zu den anderen Szenen noch schwerer im Raum
"Ein Mann kommt nach Hause. Er ist einer von denen, die nach Hause kommen und dann doch nicht nach Hause kommen, weil für sie kein Zuhause mehr da ist. Und ihr Zuhause ist dann draußen vor der Tür. Ihr Deutschland ist draußen, nachts im Regen, auf der Straße. Das ist ihr Deutschland."
"Die Wahrheit, Borcherts Wahrheit, ist, dass jede Schlacht, die gewonnene und die verlorene, ein Gemetzel ist, dass für die Toten die Blumen nicht mehr blühen, kein Brot mehr für sie gebacken wird, der Wind nicht mehr für sie weht; dass ihre Kinder Waisen, ihre Frauen Witwen sind und Eltern um ihre Söhne trauern."

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