Das "Rest" – Trauma und der Kampf um das Staatsgebiet:
Am 21.11.1916 starb Kaiser Franz Josef, das Symbol der Donaumonarchie hielt die Völker zusammen. Sein Nachfolger war Kaiser Karl I. Er erkannte die Forderungen der Alliierten an, doch viele Bevölkerungsteile waren gegen die Habsburgmonarchie. Am 17.10.1918 versuchte Kaiser Karl I dem gegenzusteuern. Das Manifest zum Neuaufbau des Staates kam jedoch zu spät. Die verschiedenen Nationen erklärten ihre Unabhängigkeit.

Die wichtigsten Zahlen:

  • 21.10.1918: prov. Nationalversammlung – Deutsch/Österreich. Mit der prov. Ausarbeitung wurde Dr. Karl Renner betraut.
  • 28.10.1918: Die Tschechoslowakische Republik wird ausgerufen.
  • 30.10.1918: Die letzte kaiserliche Regierung tritt zurück.
  • 11.11.1918: Kaiser Karl I unterzeichnet die Verzichtserklärung.
  • 16.11.1918: Die Ungarische Republik wird ausgerufen.
  • 01.12.1918: Das Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen (SHS Staat) wird gegründet.

10.09.1919: Friedensvertrag von St. Germain:
Das Selbstbestimmungsrecht der Völker konnte man nicht durchsetzen. Die deutschsprachigen Gebiete Böhmen, Mähren und einige Gemeinden Niederösterreichs gehen an die Tschechoslowakei verloren. Italien erhielt die Wunschgrenze entlang des Alpenhauptkammes somit ging der deutschsprachige Teil Südtirols und das Kanaltal an Italien. Teile der Untersteiermark und Mießtal ging an das Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen, später Jugoslawien.
Im Friedensvertrag von Trianon ging der deutschsprachige Teil Westungarns an Österreich. Es kam zu Konflikten zwischen Österreich und Ungarn. Man hatte kein großes Vertrauen in den neuen Staat, kein eigenes Nationalbewusstsein. Die innerpolitischen Konflikte gefährdete den Beginn der jungen Republik.
Es gab Zweifel an der wirtschaftlichen Lebensfähigkeit der Republik. Man fühlte sich durch den neuen Kleinstaat eingeengt.

Die politischen Parteien und die Errichtung der demokratischen Republik:

Die Sozialdemokratie war die einzige politische Gruppe nach dem Ersten Weltkrieg, man hatte ein fertiges Konzept für die neue Zeit. Dr. Karl Renner bestimmte die Gestaltung Österrreichs. (geistige Grundlage Karl Marx) – "Austromaxismus". Dr. Karl Renner war Führer des gemäßigten Flügels. Die Zusammenarbeit mit anderen demokratischen Gruppen wie mit Otto Bauer dem Führer des radikalen Flügels war schwierig. Marx proklamierte eine Änderung der Gesellschaftsordnung. Die Christlich-Soziale Partei hatte ein starkes soziales Engagement. Der Hauptwählerstock waren die Gewerbetreibenden, später wurde daraus die Bürgerlich-Konservative Partei. Die Führer Jodok Fink und Prälat Hauser arbeiteten erfolgreich mit den Sozialdemokraten zusammen. Später nannte man dies "Wiener Richtung". Dieser Gruppe gehörte der überragende Führer Univ.Prof. Prälat Seipl an, der auch von den politischen Gegnern geachtet wurde (Intelligenz, Idealismus und staatsmännische Qualitäten). Die großdeutsche Partei und der Landbund hatten nur bescheidenen Stimmenanteil. Die kommunistische Partei hatte wenig Einfluss.

Die Aufgaben der neuen republikanischen Regierung (Staatsrat):

  • Die Festigung der Staatsgewalt gegenüber radikalen Truppen.
  • Die Sicherung des Staates nach außen.
  • Die Erlangung des Friedensvertrages.
  • Der Neuanfang in der Sozialgesetzgebung.
  • Die Wiederherstellung der wirtschaftlichen Ordnung.
Die Politiker erkannten, dass diese Aufgaben nur in Zusammenarbeit lösbar sind, daher war nach den Wahlen 1919 (erstmals waren Frauen wahlberechtigt!) eine Regierungskoalition von Sozialdemokraten und Christlichsozialen. Der Kanzler war Dr. Karl Renner sein Vizekanzler Jodok Fink.
Am 01.10.1920 wurde das Bundes-Verfassungsgesetz von der Nationalversammlung angenommen. Hans Kelsenes arbeitete es aus und es war bis zum 01.05.1934 gültig und trat nach dem Zweiten Weltkrieg (01.05.1945) wieder in Kraft und ist im Wesentlichen bis heute gleich.

Aufbau:

republikanische Prinzip:
Das Staatsoberhaupt wird durch das Volk auf Zeit gewählt (6 Jahre) demokratisches Prinzip: Die Österreichischen Staatsbürger wählen den Bundespräsidenten, den Nationalrat, den Landtag und die Gemeinderäte.

bundesstaatliche Prinzip:
Neben dem Nationalrat und dem Bundesrat werden die Mitglieder vom Landtag entsandt.

rechtsstaatliche Prinzip:
Den Bürgern die Grund und Freiheitsrechte gewähren.

Die Sanierung der Währung:

Es kam zum Zusammenbruch der Wirtschaft. Eine ungeheure Inflation, wenig Einkommen, geringer Konsum, wenig Produktion und wenig Investition von Unternehmern waren die Ursache. Gelder aus dem Ausland wurden erforderlich. Im Oktober 1922 bekam Bundeskanzler Seipl die gewünschte Anleihe (Genfer Protokoll). Die Sozialdemokraten lehnten jedoch die anleihe wegen zu großer Belastungen ab. Dennoch wird die Sanierung durchgezogen. Im Dezember 1924 kam es zur Einführen der neuen Währung, dem Schilling (10.000 Kronen = 1 Schilling). Ein ausgeglichenes Budget war wichtiger als das Wirtschaftswachstum und die Beschäftigung. Es kam zu Entlassungen und Pensionierung von ca. 120.000 Beamten. Es kam zu negativen Auswirkungen für die Wirtschaft, zu Teuerungswellen, zum Rückgang der Produktion, zu Exportrückgängen und hoher Arbeitslosigkeit.

Der austrofaschistische Ständestaat, der Bürgerkrieg und das Ende der Ersten Republik:

Die Wirtschaft des jungen Staates lag nach Kriegsende den Umständen (Kriegsfolgen, Reparationen, Gebietsverluste) entsprechend darnieder. Die damit zusammenhängende Hyperinflation („galoppierende Inflation“) konnte erst Anfang 1924 beendet werden; Für 10.000 Kronen bekam man 1914 noch einen Häuserblock wogegen man im Dezember 1922 nur noch einen Leib Brot bekam. Erst danach begann ein zaghafter wirtschaftlicher Aufschwung, der jedoch lediglich ein Zwischenhoch Mitte der 1920er Jahre darstellte und mit der Weltwirtschaftskrise 1929 ein jähes Ende fand. Zur latenten Strukturkrise war die große Konjunkturkrise gekommen. 1933 waren etwa ein Drittel der Arbeitskräfte ohne Arbeit.

Mit den Unruhen der unmittelbaren Nachkriegszeit und den wirtschaftlichen Problemen ging eine immer schärfere politische Polarisierung einher: Hauptgegner waren einerseits die regierende Christlichsoziale Partei und die in der Stadt Wien regierenden Sozialdemokraten. Gegner dieser beiden waren wiederum die österreichischen Nationalsozialisten, die die Vereinigung der „Ostmark“ mit dem „Reich“ anstrebten und vor allem außerhalb Wiens (etwa in der Steiermark) eine große Anhängerschaft hatten.

Darüber hinaus spielten paramilitärische Einheiten, wie die Heimwehr auf rechten Seite des politischen Spektrums (ohne klare Parteibindung) und der Republikanische Schutzbund der Sozialdemokratischen Partei auf der linken Seite, eine verhängnisvolle Rolle.

Die politischen Gegensätze in Österreich waren groß und eskalierten schließlich 1927: Im Burgenland, in Schattendorf wurden bei einem Heimwehraufmarsch Mitglieder des Schutzbundes erschossen. Mit dem Schattendorfer Urteil wurden die mutmaßlichen Täter danach von einem Geschworenengericht aber freigesprochen. Die danach folgenden Demonstrationen einer empörten Menge konnte die Sozialdemokratische Parteiführung nicht mehr kontrollieren. Der Justizpalast – neben dem Parlament – wurde vom Mob gestürmt, Feuer wurde gelegt. Nachdem auch Polizeiwachzimmer gestürmt worden waren, bekam die Polizei von ihrem Präsidenten Johann Schober den Befehl die Demonstration mit Waffengewalt aufzulösen.

Die Bilanz: 89 Tote, 1.057 Verwundete, fast 1.000 Neubeitritte zu den rechtsgerichteten Heimwehren unter ihrem Führer Graf Ernst Rüdiger Starhemberg, und – wegen der unnachgiebigen Haltung des christlichsozialen Bundeskanzlers Prälat Dr. Ignaz Seipel – bis Jahresende 28.000 Kirchenaustritte. Die endgültige Polarisierung war vollzogen. Durch diese Ereignisse wurde die Sozialdemokratie entscheidend geschwächt.

Im März 1933 streikten die österreichischen Eisenbahner, da ihre Gehälter in 3 Etappen ausbezahlt werden sollten. Am 4. März sollte im österreichischen Parlaments über die Vorgehensweise gegen die Streikenden abgestimmt werden. Da jedoch alle 3 Nationalratspräsidenten zurücktraten um mit ihren Fraktionen zu stimmen, war das Parlament nicht mehr beschlussfähig und die Sitzung wurde geschlossen.

Daraufhin erklärte Bundeskanzler Engelbert Dollfuß die Selbstauflösung des Parlaments.

Das nie formell abgeschaffte Notverordnungrecht aus dem Jahre 1917, wurde (wie auch in der deutschen Innenpolitik dieser Jahre) benutzt, um ohne die parlamentarische Volksvertretung regieren zu können. Ein neuerliches Zusammentreten des Nationalrats wurde für illegal erklärt und mit Polizeigewalt unterbunden.

Zusätzlich legte der Bundeskanzler durch den Rückzug der christlichsozialen Mitglieder den Verfassungsgerichtshof lahm. Der Weg in einen autoritären Ständestaat nach dem Vorbild des faschistischen Italien war damit beschritten. Dollfuß verbot alle Parteien bis auf die Vaterländische Front (einer Vereinigung der Christlichsozialen mit einigen Wehrverbänden) und ließ politische Gegner verhaften und ermorden. Auch die österreichischen Nationalsozialisten wurden verboten, wodurch die Selbständigkeit Österreichs noch einmal bekräftigt werden sollte.

Von nun an regierte Dollfuß mit Berufung auf das Kriegsermächtigungsgesetz von 1918 autoritär und die Republik wurde defakto zur Diktatur (Austrofaschismus).

Dollfuß, seine Vaterländische Front und die Heimwehren forderten immer heftiger die endgültige Zerschlagung der Sozialdemokratie.

Am 21. Jänner 1934 wurde der Verkauf der sozialdemokratischen Arbeiterzeitung verboten, drei Tage später kam es zur endgültigen Entmachtung der Sozialdemokraten und der Befehl zur Durchsuchung von Parteigebäuden und Wohnungen nach Waffen des Schutzbundes erging.
Trotz dieser Demütigungen reagierten die Spitzen der österreichischen Sozialdemokratie nicht.

Anfang der 30er Jahre begannen sich einer Reihe von Staaten Europas faschistische Bewegungen durchzusetzen. Auch Österreich blieb von dieser Entwicklung nicht verschont. Vor allem die Heimwehr vertrat faschistische Ideen nach dem Vorbild Italiens. Mussolini wurde auch von der im Ausland isolierten Regierung als wichtigste Unterstützung gesehen.

Am 01.05.1934 kam es zur Maiverfassung, die Sozialdemokratische Partei wird verboten, die Christlichsoziale Partei wird aufgelöst. Österreich wird zum Ständestaat, es gibt kein Parlament mehr nur Berufsständevertretungen. Die Staatspartei ist die Vaterländische Front. Dollfuß schließt mit Mussolini ein Bündnis. Am 25.07.1934 kommt es zum "Juliputsch". Dollfuß wird von Nationalisten angeschossen und verblutete hilflos, da man ihm keine ärztliche Hilfe gewahr. Kurt Schuschnigg soll die Regierungsgeschäfte übernehmen, der Putsch scheiterte und die Anführer kommen vor Gericht. Einige werden zum Tode verurteilt. Adolf Hitler greift nicht ein. Österreich hat noch die Unterstützung von Mussolini.

Schuschnigg bleibt bis zur Vernichtung Österreichs Bundeskanzler. Die Kanzlerschaft wird geprägt vom ringen um die Unabhängigkeit. Im März 1936 reist Schuschnigg nach Rom um sich die weitere Unterstützung von Mussolini zu sichern, dieser rät zur Verständigung mit Hitler. Die österreichische Regierung gab nach dem Juliabkommen mit dem deutschen Reich die Unabhängigkeit auf. Am 12.02.1938 befahl Hitler Schuschnigg nach Berchtesgaden zu kommen, dort zwingt er ihn, Arthur Seyß-Inquart als Innenminister aufzunehmen (unbeschränkte Polizeikompetenz). Österreich musste hilflos zusehen. a, 11.03.1938 tritt Schuschnigg zurück, Arthur Seyß-Inquart wird Bundeskanzler. Am 12.03.1938 Einmarsch deutscher Truppen in Österreich. Am 13.03.1938 verkündet Hitler den Anschluss Österreichs an das deutsche Reich.

Mit dem Einmarsch deutscher Truppen endete 1938 Österreichs Selbständigkeit!

Persönliche Anmerkung:
Durch die Friedensverträge von Versailles und St. Germain fühlte sich das deutsche Reich und Österreich gedemütigt.
Der Ausgang des Ersten Weltkrieges und die damit verbundenen Gebietsabtretungen (über die man noch heute geteilter Meinung sein kann) waren sicherlich ein Grund dafür, das es zum nächsten Krieg, nur eine Frage der Zeit war.

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