„Die Umtriebe eines hasserfüllten Gegners zwingen mich, zur Wahrung der Ehre meiner Monarchie, zum Schutze ihres Ansehens und ihrer Machtstellung, zur Sicherung ihres Besitzstandes nach langen Jahren des Friedens zum Schwerte zu greifen.“
– Franz Joseph I., An meine Völker, 1914
Die Ermordung des österr.-ungar. Thronfolgers Erzherzog. Franz Ferdinand durch eine serbisch-nationalist. Studentengruppe in Sarajewo am 28. 6. 1914 veranlasste Ö.-Ungarn am 23. 7. 1914 zu einem Ultimatum an Serbien. Dabei wurde die Mitwirkung Ö. an den Ermittlungen gegen die Hintermänner gefordert. Die moderate serbische Antwort wurde als unbefriedigend betrachtet und führte am 28. 7. 1914 zur Kriegserklärung an Serbien, das bereits am 25. 7. 1914 mit der Mobilmachung begonnen hatte. Am 31. 7. 1914 begannen Ö.-Ungarn und Russland mit der Generalmobilmachung. Deutschland erklärte am 1. 8. 1914 Russland und am 3. 8. 1914 Frankreich den Krieg und drang mit seinen Truppen in das neutrale Belgien ein. Am folgenden Tag kam es zur Kriegserklärung Großbritanniens an Deutschland. Die ö.-ungar. Kriegserklärung gegenüber Russland erfolgte am 6. 8. 1914; Montenegro hatte bereits am 5. 8. 1914 Ö.–Ungarn den Krieg erklärt. Am 11. 8. erklärte Frankreich und am Tag darauf Großbritannien, Ö.-Ungarn den Krieg, am 28. 8. auch Belgien; die österr. Kriegserklärung an Japan erfolgte am 23. 8. Italien berief sich auf die Satzung des Dreibundvertrags, wonach es nur einem Defensivbündnis angehöre, und blieb neutral.
In einer ersten Mobilisierungswelle wurden bis Sept. 1914 etwa 1,3 Mio. Mann zur k. u. k. Armee einberufen (zusätzl. zur Friedensstärke von 415.000 Mann), eine weitere Mio. Soldaten wurden bis Jahresende aufgestellt. Für die militär. Operationen war der Chef des Generalstabs, F. Gf. Conrad von Hötzendorf bzw. ab 1.3.1917 Arz von Straußenburg) zuständig; Armee-Oberkommandierender war Erzherzog. Friedrich (bis 1. 12. 1916, danach bis zum Waffenstillstand am 3. 11. 1918 Ks. Karl I.).
Obwohl die Mittelmächte keinen gem. Kriegsplan ausgearbeitet hatten, begannen die dt. Truppen nach dem „Schlieffenplan“ mit dem Großteil ihrer Armeen eine Offensive über Belgien nach N-Frankreich, mit dem Ziel, Paris im W zu umfassen und einen Großteil des franz. Heers und des brit. Expeditionskorps einzukesseln; danach wollte man mit den ö.-ungar. Truppen das russ. Heer besiegen.
Doch schon ab Mitte Sept. 1914, nach dem Abwehrerfolg der Alliierten in der Schlacht an der Marne, kam der dt. Vormarsch zum Stillstand.
Ab Ende Oktober entstand von der Küste Flanderns bis an die Schweizer Grenze eine durchgehende Front, die im wesentlichen bis Sommer 1918 unverändert blieb, nur unter ungeheuren Opfern konnten von beiden Seiten in Materialschlachten (Verdun, Somme, Ypern, Cambrai) Geländegewinne erzielt werden. Die ö.-ungar. Armeen trugen die Hauptlast des Kampfs gegen Russland, wobei schon nach wenigen Wochen klar war, dass der russ. Aufmarsch wesentlich schneller in Gang kam als angenommen. Zu der quantitativen Überlegenheit kam die z. T. hervorragende Ausrüstung der russ. Verbände. Die Herbstschlachten 1914 in Galizien brachten dem k. u. k. Heer enorme Verluste (ca. 500.000 Gefallene, Vermisste und Gefangene), trotz einiger gelungener Operationen (Krasnik, Komarow, Limanowa) gingen weite Teile Galiziens (Verlust Lembergs, Einschließung von Przemysl) verloren, und es kam zum Rückzug auf den nordöstl. Karpatenbogen.
Auch die ö.-ungar. Balkanstreitkräfte hatten die Kampfkraft des serbischen Heeres erhebl. unterschätzt und konnten in 3 Offensiven Serbien nicht erobern. Ende 1914 standen beide Gegner, durch hohe Verluste erschöpft (jeweils über 220.000 Mann), wieder in der Ausgangsstellung vom August 1914, und ein rasches Kriegsende war nicht absehbar.
Durch die türk. Kriegserklärung an Russland und Frankreich am 29. 10. 1914 und diejenige Großbritanniens an die Türkei am 5. 11. 1914 wurde der gesamte vorderasiatische Raum zum Kriegsschauplatz, auf dem auch dt. und ö.-ungar. Truppen zum Einsatz kamen, in Ostasien (Kriegserklärung Japans an Deutschland am 23. 8. 1914) und in den dt. Kolonien Afrikas hatte bereits im Sommer 1914 der Krieg begonnen und damit weltweiten Charakter angenommen.
Während es an der Balkanfront bis zum Herbst 1915 zu keinen größeren militär. Auseinandersetzungen kam, eroberten die Mittelmächte, die ihre Truppen an der O-Front nach den schweren Winterschlachten in den Karpaten (Kapitulation der Festung Przemysl mit 120.000 ö.-ungar. Soldaten am 23. 3. 1915) verstärkt hatten, durch ihre Offensive vom 2. 5. 1915 (Durchbruch von Tarnów-Gorlice) ganz Galizien sowie große Teile Polens und Weißrusslands und brachten damit dem russ. Heer schwere Niederlagen bei.
Italien, dessen Ansprüche auf jene Gebiete der Donaumonarchie mit Angehörigen der ital. Volksgruppe immer stärker wurden, lehnte einen ö.-ungar. Kompromissvorschlag zur Abtretung von Teilen der Provinz Trient ab.
Nach dem Abschluss des Londoner Vertrags am 3. 5. 1915 kündigte Italien am 4. 5. den Dreibundvertrag und schloss sich mit der Kriegserklärung vom 23. 5. den Alliierten an. Die k. u. k. Kriegsmarine hielt bis Sommer 1918 die weit überlegenen alliierten Seestreitkräfte von einer großen Offensive an der Adria und einer Landung in Dalmatien ab, konnte aber die Sperre der Straße von Otranto nicht durchbrechen. Der Seekrieg wurde von beiden Seiten mit leichten Einheiten bzw. (wie in der Nordsee) durch die Mittelmächte mit U-Booten geführt.
Der uneingeschränkte U-Boot-Krieg ab 1917 brachte zwar der alliierten Handelsschifffahrt vorerst hohe Verluste, der damit verbundene Kriegseintritt der USA trug aber letztlich mit zur Niederlage der Mittelmächte bei.
Zu Land wurde nach der ital. Kriegserklärung eine rund 600 km lange SW-Front gebildet, an der sich von der Schweizer Grenze (Stilfser Joch) in den hochalpinen Regionen bis zu den Julischen Alpen ein Stellungskrieg entwickelte, der nach S bis in das westl. Vorfeld von Triest reichte. War der Gebirgskrieg durch extreme topographische Bedingungen gekennzeichnet, so standen die 11 Isonzoschlachten zw. Juni 1915 und Sept. 1917, in denen die ital. Armeen den Durchbruch nach Triest und in das Laibacher Becken verfehlten, den Materialschlachten an der W-Front in nichts nach. In der 12. Isonzoschlacht ab 24. 10. 1917 (Durchbruch von Flitsch-Tolmein) gelang ö.-ungar. und dt. Truppen die Eroberung Venetiens, bis ital. Verbände, unterstützt von brit. und franz. Divisionen, im Nov. eine neue Front entlang der Piave errichteten.
Auf der Balkanhalbinsel waren am 6. 10. 1915 eine ö.-ungar. und eine dt. Armee zum Großangriff gegen Serbien angetreten, dessen Eroberung mit Hilfe von 2 bulgar. Armeen (Kriegseintritt Bulgariens auf Seiten der Mittelmächte am 11. 10. 1915) gelang. Eine alliierte Truppenlandung bei Saloniki am 5. 10. verletzte die Neutralität Griechenlands, konnte aber die Besetzung Serbiens und Montenegros bis Jänner 1916 nicht verhindern. Die Front auf dem Balkan stabilisierte sich in N-Albanien und entlang der bulgar.-griech. Grenze und geriet erst wieder in Bewegung, als Rumänien am 27. 8. 1916 zu den Alliierten übertrat und seine Armeen in Siebenbürgen eindrangen. In den nächsten 4 Monaten gelang es ö.-ungar., dt. und bulgar. Truppen, das rumän. Heer entscheidend zu schlagen und das Land fast vollständig zu besetzen. Am 29. 6. 1917 trat Griechenland auf alliierter Seite in den Krieg ein.
An der O-Front hatte das russ. Heer im Sommer 1916 noch einmal große Erfolge gegen die Mittelmächte erzielt (Brussilow-Offensive 4. 6.-29. 8. 1916), doch führten die enormen Verluste und die wirt. Notlage im Hinterland zur Revolution vom 12. 3. 1917 (Februarrevolution). Sie brachte eine bürgerl. Regierung an die Macht, die noch bis zur bolschewist. Oktoberrevolution im November 1917 Russland im Lager der Alliierten beließ; am 9. 3. 1918 schloss die neue russ. Regierung in Brest-Litowsk Frieden mit den Mittelmächten.
In den Kriegsjahren 1916 und 1917 hatte sich die Versorgungslage in der Habsburgermonarchie dramatisch verschlechtert. Während die Rüstungsindustrie ständig ihre Produktion steigerte, zeigten sich bei den Rohstoffen erste Engpässe, und in der Textilproduktion mussten qualitative Abstriche gemacht werden. Bei der Lebensmittelversorgung ging man ab 1916 zu einer immer rigoroseren Zwangsbewirtschaftung über (Ausgabe von Brot- und Mehlkarten im April 1915, 1916 folgten Milch-, Fett- und Kartoffelkarten). Bereits ab Feb. 1915 hatte man versucht, über die Kriegsgetreide-Verkehrsanstalt die Getreidevergabe zentral zu steuern.
Die Verteilung von Agrarprodukten aus der ungar. Reichshälfte konnte bis Kriegsende nicht befriedigend gelöst werden, Unterernährung und Krankheitsanfälligkeit der Zivilbevölkerung nahmen ab Ende 1917 erschreckende Ausmaße an.
1916 begann sich auch die innenpolit. Lage zu verschärfen. Die Ermordung des Min.-Präs. Karl Graf Stürgkh durch Friedrich Adler am 21. 10. 1916 zeigte die Widerstände gegen die autoritäre Regierung. Die nationalist. Spannungen nahmen zu und wirkten sich in Massendesertionen v. a. tschech. Regimenter an der Ostfront und in wirt. motivierten Massenstreiks im Jänner 1918 aus. Der Tod Ks. Franz Josephs I. am 21. 11. 1916 zeigte sehr bald, dass mit dem Verschwinden dieser Symbolfigur auch die Bindung der Bevölkerung an die Dynastie schwächer wurde, zumal es Ks. Karl I. nicht gelang, die innenpolit. und wirt. Schwierigkeiten zu lösen und den Krieg trotz zahlr. Friedensbemühungen (Sixtus-Affäre) zu beenden.
Der Kriegseintritt der USA am 6. 4. 1917 (die Kriegserklärung an Ö.-Ungarn erfolgte erst am 7. 12. 1917) brachte eine weitere Überlegenheit der Alliierten, die sich allerdings erst im Frühjahr 1918 auswirkte, und ein aktives polit. Eingreifen in die Kriegszielpolitik. Die „14 Punkte“ von US-Präs. W. Wilson für eine gerechte europ. Nachkriegsordnung betrafen die Habsburgermonarchie massiv: Grenzberichtigungen gegenüber Italien nach nationalem Besitzstand, die autonome Entwicklung der Völker Ö.-Ungarns und die Räumung der besetzten Balkanstaaten waren darin vorgesehen.
Vorstufe war die Anerkennung des tschech. Exil-Nationalrats in Paris als Regierung eines befreundeten Staates am 29. 6. 1918.
Die Hoffnungen, die, die Mittelmächte auf den Friedensschluss im Osten gesetzt hatten, erfüllten sich nicht. Die Lebensmittellieferungen aus der Ukraine blieben weit hinter den Erwartungen zurück und konnten den Bedarf der Armeen und des Hinterlands nicht decken.
Die am 15. 6. 1918 begonnene Piaveoffensive des k. u. k. Heeres scheiterte ebenso wie die letzte Offensive des dt. Heeres an der W-Front (21. 3. 1918). Auf dem Balkan wurden am 26. 9. 1918 die Bulgaren zur Kapitulation gezwungen; im Nahen Osten standen die türk. Streitkräfte vor der Auflösung. Da der militär. und wirt. Zusammenbruch absehbar war, entschloss sich Kaiser Karl am 14. 9. 1918 zu einer Friedensnote an die Alliierten. Als diese abgelehnt wurde, begann mit großer Schnelligkeit der Zerfall der Donaumonarchie. Bereits am 6. 10. 1918 wurde in Zagreb ein „Südslaw. Nationalrat“ gebildet, am 21. 10. 1918 konstituierte sich in Wien die Provisor. Nationalversammlung für „Deutsch-Österreich“, am 28. 10. 1918 wurde in Prag der tschechoslowakische Staat proklamiert, während einen Tag später die Vereinigung der südslaw. Gebiete mit Serbien und Montenegro verkündet wurde. Das Völkermanifest Kaiser Karls vom 16. 10. 1918 blieb ohne Wirkung.
Die am 24. 10. 1918 losbrechende Offensive der Alliierten an der Piave führte zu Auflösungserscheinungen in der k. u. k. Armee, da nun auch mehrheitlich ungar. Verbände die Front verließen. Der am 3. 11. 1918 abgeschlossene Waffenstillstand von Villa Giusti (bei Padua) sollte erst am 4. 11. in Kraft treten, gleichwohl befahl das k. u. k. Armee-Oberkommando die sofortige Einstellung der Kampfhandlungen. Dadurch gelang es den ital. Verbänden, bis 11. 11. 1918 noch 356.000 Angehörige der k. u. k. Armee gefangen zu nehmen. Ital. Verbände rückten bis 20. 11. 1918 nach Nord-Tirol. vor, während bayer. Truppen noch versuchten, eine neue S-Front gegen Deutschland, die aufgrund der im Waffenstillstand geforderten alliierten Bewegungsfreiheit innerhalb der Monarchie drohte, zu verhindern. An der W-Front musste Deutschland am 11. 11. 1918 einem Waffenstillstand zustimmen.
Ks. Karl I. legte am 4. 11. 1918 die Befehlsgewalt über das Armee-Oberkommando nieder (Nachfolger H. v. Kövess), verzichtete am 11. 11. auf seinen Regierungseinfluss und enthob die letzte ksl. Regierung ihres Amts. Am 12. 11. 1918 erfolgte die Ausrufung der „Republik Deutsch-Österreich“ vor dem Parlament in Wien.
Der für Ö.-Ungarn 1563 Tage dauernde Erste Weltkrieg hatte dem k. u. k. Heer mehr als 1 Mio. Tote und dauernd Vermisste (davon verstarben rd. 400.000 in russ., rd. 50.000 in serb. und mehr als 30.000 in ital. Gefangenschaft), 1,943.000 Verwundete und 1,2 Mio. Kriegsgefangene, die oft erst nach Jahren heimkehrten, gekostet. Die Kriegskosten sollen ca. 90 Mrd. Kronen betragen haben, die Staatsverschuldung war von Juli 1914 bis Nov. 1918 von 13 auf 72 Mrd. Kronen gestiegen, die Inflation betrug 1914-24 1400 %. Die Verarmung weiter Bevölkerungsteile, verbunden mit tiefgreifenden soz. und wirt. Problemen war die Folge.
Die Friedensverhandlungen:
1919 fanden die Friedensverhandlungen statt. Der Friedensvertrag soll für politische Ordnung sorgen. Die Sieger zeigten aber gegenüber den Besiegten besondere Härte. Den Achsenmächten wurde die alleinige Schuld am Krieg zugewiesen. Sie wurden nicht zu den Verhandlungen eingeladen, sondern die Ergebnisse wurden ihnen einfach vorgelegt. Deutschland und Österreich wurden gezwungen, die Verträge zu unterschreiben. Dies passierte für Deutschland in Versailles und für Österreich in St. Germain. Die Verträge waren für die Mittelmächte besonders hart. Sie mussten für alle Schäden und Kosten des Krieges aufkommen. Deutschland muss Elsass-Lothringen abtreten und verliert große Gebiete im Osten. Österreich muss auf viele deutschsprachige Gebiete, wie Südtirol und Teile der Untersteiermark verzichten.
Die Neuaufteilung Europas:
Österreich splittert sich auf Ungarn, Jugoslawien, Rumänien, Bulgarien und der Tschechoslowakei auf. An Italien verliert es Südtirol, Triest und Istrien. Polen entsteht aus Teilen von Österreich, Russland und Deutschland. Aus Teilen von Russland entsteht Estland, Lettland und Litauen. Deutschland verliert Gebiete an Dänemark und an Frankreich Elsass-Lothringen.
Bilanz des 1. Weltkrieges:
Insgesamt standen 65 Millionen Soldaten unter Waffen. Insgesamt gab es etwa 8,5 Millionen Gefallene. Von den 65 Millionen Soldaten wurden etwa 21 Millionen verwundet. Ein Großteil davon blieb für sein Leben invalid.
7,8 Millionen Soldaten gerieten in Kriegsgefangenschaft oder wurden vermisst. Ein Teil der Vermissten ist zu den Gefallenen zuzuzählen. Die zahllosen Opfer unter der Zivilbevölkerung sind hier nicht berücksichtigt. Denn die Menschen, die etwa an Seuchen und Unterernährung starben, zählte man nicht zu den Kriegsopfern…